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Betreutes Seniorenwohnen: Auslastung trotz hoher Nachfrage rückläufig



Der Bedarf an Plätzen im betreuten Seniorenwohnen ist weiter hoch. Doch die Auslastung der Einrichtungen ist gesunken. Ein Widerspruch, den eine neue Studie aufzuklären hilft. Politik und Branche sind gefordert.

Köln (epd). Einer neuen Studie zufolge ist die Auslastung von Einrichtungen zum betreuten Seniorenwohnen trotz hoher Nachfrage nach Plätzen gesunken. Die Belegung ist von durchschnittlich 96 Prozent im Jahr 2017 auf 86 Prozent im Jahr 2023 zurückgegangen, heißt es in der Studie „Betreutes Seniorenwohnen“ der Beratungsgesellschaft SozialGestaltung, einer Schwesterfirma der SozialBank. Gleichzeitig müssten Interessenten weiterhin lange Wartezeiten von sechs bis zwölf Monaten in Kauf nehmen, hieß es.

„Angesichts der demografischen Entwicklung ist Betreutes Wohnen ein essenzieller Baustein, um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Alter in Deutschland sicherzustellen. Aber darauf können sich Anbieter nicht ausruhen“, sagte Susanne Leciejewski, Geschäftsführerin der SozialGestaltung.

Attraktive Alternative zu stationärer Pflege

Bereits in der Vorgängerstudie von 2022 habe sich abgezeichnet, dass Betreutes Wohnen zunehmend eine attraktive Alternative zur stationären Pflegeeinrichtung darstelle. Die aktuelle Studie beleuchtet die Ursachen der sinkenden Auslastung und zeigt Handlungspotenziale für die Politik der neuen Bundesregierung auf sowie auch für die Träger auf.

Zur Erklärung für den Rückgang der Auslastung trotz hoher Nachfrage hieß es, vermutlich bestünden an einzelnen Standorten Überkapazitäten oder die Angebote seien nicht wirklich bedarfsgerecht gestaltet. Gleichzeitig sind laut Britta Klemm, Studienleiterin bei der SozialGestaltung, viele Bestandsimmobilien sanierungsbedürftig, „was potenzielle Bewohnerinnen und Bewohner abschreckt“. Dennoch biete der Markt für Betreutes Wohnen große Chancen, insbesondere in ländlichen Regionen. Zwar habe sich der Anteil dort von 23 Prozent im Jahr 2022 auf 28 Prozent leicht erhöht, der Großteil der Einrichtungen befindet sich jedoch weiterhin in städtischen Gebieten, hieß es.

Zu der Frage künftiger Handlungsoptionen der Branche und politischen Herausforderungen hält die Studie fest:

1. Modernisierung der Bestandsimmobilien: Mehr als die Hälfte der Wohnanlagen ist älter als 20 Jahre. Energetische Sanierungen und Modernisierungsmaßnahmen sind dringend notwendig, um die Wohnqualität zu verbessern und die Kosten zu stabilisieren.

2. Standortwahl entscheidend: Die Erreichbarkeit der Einrichtungen (54 Prozent) und die Anzahl der Wohneinheiten (48 Prozent) gelten für Interessenten als wichtigste Kriterien für die Standortwahl. Im Gegensatz zu Pflegeheimen spielt der Personalmangel beim Betreuten Wohnen eine weniger zentrale Rolle (41 Prozent).

3. Anpassung an die Bewohnerstruktur: Der Anteil von Menschen mit Demenz und höherem Pflegebedarf steigt stetig. Anbieter reagieren mit dem Ausbau eigener Dienstleistungen (53 Prozent) und der Vernetzung mit externen Partnern (51 Prozent).

4. Rückläufige Digitalisierung: Nur 36 Prozent der Befragten planen Investitionen in technologische Lösungen - ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 56 Prozent im Jahr 2022. Dabei könnten digitale Angebote nicht nur Komfort bieten, sondern auch Pflegekräfte entlasten.

Die Studie basiert auf einer Umfrage unter mehr als 500 Branchenakteuren zwischen dem 10. September und dem 1. November 2024. Kooperationspartner der Studie sind unter anderem der AWO Bundesverband, die Diakonie Deutschland und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa).

Dirk Baas


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