sozial-Recht

Sozialgericht

Medikamentenbeschaffung kann Teil der Eingliederungshilfe sein



Lüneburg (epd). Behinderten oder schwer erkrankten Sozialhilfebeziehern muss unter bestimmten Bedingungen Hilfe bei der Beschaffung von Medikamenten gewährt werden. Ist als Folge der Einschränkung die Beschaffung der Arzneimittel und deren Einnahme nicht gewährleistet, kann die Eingliederungshilfe hierfür zur Bezahlung einer einfachen Assistenz verpflichtet sein, entschied das Sozialgericht Lüneburg in einem am 13. November veröffentlichten Urteil. Die Assistenz eines Pflegedienstes sichere dem Betroffenen die „eigenständige Bewältigung des Alltags“, so das Gericht.

Die unter Betreuung stehende und auf Sozialhilfeleistungen angewiesene Klägerin ist psychosomatisch erkrankt und zeigt Schwächen in der Intelligenz. Ursache ist vermutlich ein fetales Alkoholsyndrom. Sie erhält häusliche Krankenpflege durch einen ambulanten Pflegedienst.

Streit über 15 Euro im Monat

Weil die Frau nicht fähig war, ihre Rezepte beim Arzt und die Medikamente aus der Apotheke selbst zu holen, schloss ihre Betreuerin mit dem Pflegedienst einen Vertrag. Danach der die Verordnungen einlösen und zugleich auch die Einnahme der Präparate zweimal täglich sicherstellen. Zudem sollten die Medikamente auch beim Pflegedienst gelagert werden. Für diese Leistung wurde eine monatliche Servicepauschale in Höhe von 15 Euro vereinbart.

Die für die Eingliederungshilfe zuständige Kommune lehnte die Kostenübernahme ab. Es handele sich nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe, führte das zuständige Amt an. Auch die Pflegekasse sei nicht zuständig, weil kein Pflegegrad bei der Klägerin vorliege. Die rechtliche Betreuerin könne ja selbst die Einnahme und Beschaffung der Medikamente sicherstellen.

Das Sozialgericht urteilte nun jedoch, dass die Klägerin eine einfache Assistenz auf Kosten der Eingliederungshilfe beanspruchen könne, um die notwendigen Medikamente beschaffen und einnehmen zu können. Das diene der „selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags“. Die Betreuerin müsse diese Leistung nicht erbringen, weil sie nur zur rechtlichen Betreuung verpflichtet sei, so das Gericht.

Az.: S 38 SO 73/20