

Stuttgart (epd). Sexuelle Missbrauchsopfer können keinen Assistenzhund auf Kosten der Krankenkasse zur Behandlung ihrer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) verlangen. Der speziell für eine Versicherte ausgebildete Hund stellt eine neue Behandlungsmethode dar, für die erst einmal der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine Empfehlung geben muss, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am 25. Oktober veröffentlichten Urteil.
Die heute 36-jährige Klägerin wurde in ihrer Kindheit und Jugend über Jahre hinweg in ihrer Familie sexuell missbraucht. Sie erkrankte später an einer PTBS , leidet an einer Angststörung und ist auf eine psychotherapeutische Behandlung angewiesen. Um den Behandlungserfolg zu sichern, beantragte sie bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem speziell für sie ausgebildeten Assistenzhund sowie die Übernahme der Haltungskosten für das Tier.
Der Assistenzhund könne ihr in verschiedenen Situationen durch Körperkontakt Sicherheit geben, fremde Personen abblocken und emotionale Notsituationen erkennen und dabei beruhigend auf sie einwirken. Die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sei ihr mit dem Tier wieder möglich, lautete ihre Begründung. Doch die Krankenkasse lehnte die Versorgung mit dem Assistenzhund ab. Der G-BA habe dieses Hilfsmittel zur Behandlung einer PTBS noch nicht empfohlen, begründete die Kasse ihre Haltung.
Die Frau schaffte sich den Hund auf eigene Kosten an. Der Fonds Sexueller Missbrauch des Bundesfamilienministeriums übernahm einen Teilbetrag in Höhe von 7.600 Euro. Vor Gericht machte sie von der Krankenkasse die Erstattung des Restbetrags in Höhe von 16.800 Euro geltend.
Das LSG wies die Klage nun ab. Der Assistenzhund sei ein Hilfsmittel zur Krankenbehandlung. Es handele sich um eine neue Behandlungsmethode der PTBS. Die geltenden Leitlinien zu deren Behandlung sähen den Einsatz eines Assistenzhundes bislang noch nicht vor. Für neue Behandlungsmethoden müsse der G-BA eine Empfehlung zum Nutzen und zur Wirtschaftlichkeit abgeben. Weil das bisher nicht geschehen sei, dürfe die Krankenkasse betroffene Versicherte nicht mit dem Assistenzhund versorgen.
Az.: L 4 KR 1714/21