Berlin (epd). Ein Bündnis von Verbänden fordert verstärkte politische Bemühungen für bezahlbaren Wohnraum. Die aktuelle Regelung der Mietpreisbremse sei unzureichend, kritisierte die Direktorin des hessischen Landesverbands des Deutschen Mieterbunds, Eva-Maria Winckelmann, in einem Online-Pressegespräch der Verbände zum Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut am 17. Oktober. Armutsbetroffene forderten eine bessere politische Einbindung für sich.
Winckelmann sagte, aus der Beratungspraxis wisse ihr Verband, dass Menschen heute überhöhte Mieten in Kauf nähmen, um überhaupt eine Wohnung zu haben: „Das Geld dafür fehlt dann oft an anderer Stelle, beispielsweise für Kinder.“ Zu dem Bündnis gehören die Diakonie Deutschland, die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), der Deutsche Mieterbund, die Nationale Armutskonferenz sowie das Bündnis „AufRecht bestehen“.
Winckelmann schlug vor, dass es künftig nicht mehr vom Widerspruch der Mieter abhängen solle, ob die Mietpreisbremse greife. Vielmehr sollten Neuvermietungen an die Kommunen gemeldet werden, die dann zu überprüfen hätten, ob die Preisbremse eingehalten werde. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2028 vorgelegt hat.
Die Geschäftsführerin BAG W, Sabine Bösing, verwies auf die wichtige Rolle von Jobcentern bei der Prävention von Wohnungslosigkeit. Jobcenter sollten explizit den Auftrag bekommen, Wohnungsverluste zu verhindern, sagte sie. Da Miet- und Energieschulden die häufigsten Auslöser von Wohnungslosigkeit seien, solle eine Übernahme dieser Schulden als Beihilfe möglich sein.
Eine Delegation von Armutsbetroffenen und katholischen Sozialverbänden übergab in Berlin an Bundestagsabgeordnete ein Positionspapier, in dem eine bessere politische Beteiligung von Menschen mit Armutserfahrung und deren Einbindung bei relevanten Gesetzgebungsverfahren gefordert wird. Erarbeitet wurde das Papier den Angaben zufolge in einer Zukunftswerkstatt der Caritas und weiterer katholischer Verbände mit 40 armutsbetroffenen Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet. Darunter waren ehemalige Obdachlose, Bürgergeldempfänger und alleinerziehende Mütter.
Unter anderem sollten Betroffene ein verbindliches Mitspracherecht in sozialpolitisch relevanten Gremien wie dem Beirat der Bundesagentur für Arbeit erhalten, heißt es in dem Papier. Zudem wird eine bessere Expertise von Politikerinnen und Politikern beim Thema Armut gefordert. „In den seltensten Fällen haben Abgeordnete eine Ahnung, wie Menschen in Armut leben müssen“, heißt es. Deswegen sollte es Pflichtprogramm für jeden Sozialpolitiker sein, praktische Erfahrungen in der Lebenswirklichkeit von Menschen in Armut zu machen. Das könne Begleitung bei der Wohnungssuche, Besuche bei der Tafel oder ein Praktikum in der Sozialberatung sein.
Der Internationale Tag für die Beseitigung der Armut geht auf den 17. Oktober 1987 zurück, als sich mehr als 100.000 Menschen in Paris öffentlich mit den Betroffenen von Armut solidarisierten. Weltweit setzen sich Organisationen an diesem Tag für die Belange armer Menschen ein.