Essen (epd). Die von einem Reha-Träger gezahlte Kraftfahrzeughilfe soll schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Anschaffung eines Autos und damit den Weg zur Arbeit ermöglichen. Allerdings können behinderte Beschäftigte bei der Kfz-Hilfe leer ausgehen, wenn sie ihren noch mit einem Darlehen belasteten Altwagen vorher verkaufen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in einem am 18. September veröffentlichten Urteil. Denn trotz des noch laufenden Darlehens auf den Altwagen wird dessen voller Verkaufserlös mindernd auf die Kfz-Hilfe angerechnet, so die Essener Richter, die allerdings die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zuließen.
Bis zum 9. Juni 2021 konnten Menschen mit Behinderung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine Kfz-Hilfe von höchstens 9.500 Euro für den Kauf eines neuen Autos erhalten. Seit dem 10. Juni 2021 hat der Gesetzgeber die Kfz-Hilfe abhängig vom Nettoeinkommen auf bis zu 22.000 Euro erhöht.
Die Klägerin, eine stark gehbehinderte städtische Sachbearbeiterin, war für ihren Arbeitsweg auf einen eigenen Pkw angewiesen. Weil sie mit dessen Schaltgetriebe nicht zurechtkam, verkaufte sie am 21. Oktober 2018 ihr Auto für 20.000 Euro. Von dem Geld hatte sie jedoch nichts, weil der Verkaufserlös vollständig zur Tilgung des mit einem Darlehen finanzierten Autos verwendet wurde.
Kurz darauf kaufte sie einen behindertengerechten Neuwagen mit Automatikgetriebe zum Preis von 39.157 Euro. Vom zuständigen Reha-Träger verlangte sie eine Kfz-Hilfe von hier 6.080 Euro. Die Förderung sei zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, so ihre Begründung.
Doch der Reha-Träger lehnte den Antrag ab. Zum einen sei dieser erst nach dem Neuwagenkauf im Februar 2019 und damit zu spät gestellt worden. Außerdem müsse der Verkaufserlös des Altwagens angerechnet werden, sodass kein Anspruch auf eine Kfz-Hilfe mehr bestehe, hieß es.
Die Frau meinte dagegen, dass der Verkaufserlös des Altwagens nicht angerechnet werden dürfe. Die Annahme, dass das Geld für den Neukauf eines Pkw verwendet werden könne, sei falsch, weil sie ja noch das Darlehen tilgen musste.
Das LSG wies die Klage ab. Die Klägerin habe zum einen die Kfz-Hilfe, nicht wie vorgeschrieben, vor dem Kauf beantragt. Zum anderen stehe ihr die Förderung bereits deshalb nicht zu, weil der Verkaufserlös des Altwagens angerechnet werden müsse. Dass damit das Darlehen getilgt werden musste, sei unerheblich, so das Gericht. Es würde eine Ungleichbehandlung des zu fördernden Personenkreises bedeuten, wenn der Verkauf eines noch mit einem Darlehen belasteten Altwagens nicht angerechnet würde, der Verkaufserlös eines Autos, das aus Sparguthaben finanziert oder bei dem das Darlehen abbezahlt worden sei, hingegen schon.
Az.: L 18 R 149/22