sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Enge Grenzen beim Aufheben von Vorsorgevollmacht



Karlsruhe (epd). Eine Vorsorgevollmacht kann nach einer höchstrichterlichen Entscheidung nur bei erheblicher Gefahr für den Betreuten oder dessen Vermögen von einem Gericht wieder aufgehoben werden. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 1. Oktober veröffentlichten Beschluss. Wenn keine Zweifel an der Redlichkeit des Bevollmächtigten bestünden, komme bei Mängeln in der Vollmachtausübung die Bestellung eines Kontrollbetreuers in Betracht, dessen Weisungen befolgt werden müssten.

Im konkreten Fall ging es um eine 78-jährige, an Alzheimer-Demenz erkrankte Frau aus Berlin. Sie hatte ihrem Nachbarn im September 2019 eine Generalvollmacht mitsamt Vorsorgevollmacht erteilt. Die Vollmacht wurde im November 2020 und im September 2021 erneuert. Allerdings wurde im August 2021 die Vollmacht mit anwaltlicher Hilfe widerrufen. Die Bank der dementen Frau akzeptierte daraufhin die Vollmacht des Nachbarn nicht mehr.

Mehrere Mängel zu verantworten

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bestellte daraufhin einen Berufsbetreuer, ordnete die Aufhebung der bisherigen Vollmachten an und verlangte die Herausgabe aller Vollmachtsurkunden. Das Landgericht Berlin bestätigte die Aufhebung der Vollmachten weitgehend. Zwar bestünden keine Zweifel an der Redlichkeit des Bevollmächtigten, dieser habe aber mehrere Mängel zu verantworten. So habe er nicht verhindert, dass die Frau von August 2020 bis März 2022 durch eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten Anwaltskosten in Höhe von 125.000 Euro verursachte.

Der BGH hielt dies für rechtsfehlerhaft und verwies das Verfahren an das Landgericht zurück. Eine wirksame Vorsorgevollmacht könne nur bei erheblicher Gefährdung des Vollmachtgebers oder seines Vermögens gerichtlich aufgehoben werden. Hier habe es zwar Mängel bei der Vollmachtausübung gegeben, die Redlichkeit des Nachbarn sei aber nicht in Zweifel gezogen worden. Daher hätte ein Kontrollbetreuer bestellt werden müssen, der positiv auf den Bevollmächtigten einwirkt. Erst wenn zu erwarten sei, dass der Bevollmächtigte dessen Weisungen nicht befolgt, komme die Aufhebung der Vollmachten in Betracht.

Az.: VIII ZB 5/24