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Gesundheit

Corona hat zu deutlichem Anstieg der Beratungen geführt



Ulm (epd). Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind inzwischen auch bei den Beratungsdiensten angekommen. Vor allem bei der Schuldnerberatung und der Psychologischen Beratungsstelle verzeichnet der Diakonieverband Ulm/Alb-Donau deutlich gestiegene Zahlen. Bei der Schuldnerberatung seien die Kapazitäten völlig ausgereizt, weshalb bereits mehr als 80 hilfesuchende Menschen auf der Wartliste stünden, sagte Diakonie-Geschäftsführerin Pfarrerin Petra Frey dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Auslöser für die wirtschaftlichen Notlagen seien häufig Gehaltseinbußen und Verdienstausfälle durch die Pandemie. So lange wie möglich hätten die betroffenen Menschen versucht, sich durch die Auflösung von finanziellen Reserven oder Zuwendungen von Verwandten und Freunden über Wasser zu halten. Diese Möglichkeiten seien erschöpft, als letzte Möglichkeit bleibe deshalb nur noch die Schuldnerberatung, erläuterte Frey.

Erhalt der Wohnung vorrangiges Ziel

Das Ziel der Schuldnerberatung der Diakonie sei vor allem, dass den überschuldeten Menschen die Wohnung erhalten bleibe. Wer einmal auf der Straße stehe, tue sich sehr schwer, wieder beruflich und sozial Fuß zu fassen, sagt die Diakonie-Geschäftsführerin. Ebenfalls eine signifikante Zunahme der Fälle registriert Frey zufolge die Psychologische Beratungsstelle der Diakonie mit der Erziehungsarbeit und der „Täterarbeit gegen häusliche Gewalt“. Laut Statistik beriet die „Täterarbeit“ im vergangenen Jahr in 45 Fällen - Tendenz steigend.

Der Ansatz dieser Beratung sei, dass die Täter an sich arbeiten und ihr Verhalten grundlegend ändern, sagte Frey. Dadurch könne die Familie in ihren Strukturen und ihrem Alltagsleben erhalten bleiben. Bisher seien bei häuslicher Gewalt in erster Linie die Frauen ein doppeltes Opfer: Um gewalttätigen Übergriffen ihrer Männer zu entgehen, müssten sie und ihre Kinder ausziehen und häufig ein weitgehend neues Leben in einer neuen Umgebung beginnen.

Sorgenvoller Blick in die Zukunft

Das Problem der häuslichen Gewalt müsse dringend „enttabuisiert“ werden, betont Mario Stahr, Täterarbeit-Berater der Diakonie und Vorstand bei der Bundesarbeitsgemeinschaft „Täterarbeit Häusliche Gewalt“. Denn allein in Baden-Württemberg sei es im vergangenen Jahr zu 16.400 Fällen von Partnergewalt gekommen. Diese Gewalt in einer Beziehung ziehe sich durch „alle Altersklassen, alle sozialen Schichten, Bildungsgrade und Religionen“.

Die Täterarbeit der Diakonie kann laut Pfarrerin Frey als Projekt zumindest noch bis 2027 fortgeführt werden. Insgesamt sieht die Diakonie-Geschäftsführerin jedoch mit Sorgen in die Zukunft. Die allgemeine Sozialberatung gehöre außerdem als Basisversorgung zu dem von der Kirche finanzierten diakonischen „Grunddienst“. Deshalb werde auch niemand von den Beratungsstellen abgewiesen. Falls die kirchlichen Mittel jedoch noch weiter zurückgehen, müsse das Angebot reduziert werden, was angesichts des eher wachsenden Beratungsbedarfs, beispielsweise von alten, vereinsamten Menschen, „sehr, sehr schmerzhaft wäre“, befürchtet die Diakoniechefin.