

Hamburg (epd). Kommunale Wohnungsunternehmen dürfen psychisch kranke oder anderweitig beeinträchtigte Mieter wegen der Störung des Hausfriedens nur als letztes Mittel kündigen. Als kommunal getragenes Unternehmen sind sie „vollumfänglich an die Grundrechte gebunden“ und müssen bei der Mietkündigung einer an Schizophrenie erkrankten Frau immer an mögliche gravierende Folgen einer Kündigung wie etwa Obdachlosigkeit oder Gefahr für Leib und Leben denken, entschied das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 24. Juli.
Anlass des Rechtsstreits war die fristlose und ordentliche Mietkündigung einer an einer paranoiden Schizophrenie erkrankten Frau wegen mehrfacher Störung des Hausfriedens. Vermieter ist die zur Stadt Hamburg gehörende SAGA-Siedlungsaktiengesellschaft Hamburg, das größte kommunale Wohnungsunternehmen in Deutschland.
Die kranke Mieterin war im Jahr 2023 regelmäßig, insbesondere in den Abend- und Nachtstunden, wiederholt durch lauter Musik, Geschrei sowie das Zertrümmern von Gegenständen aufgefallen. Von Nachbarn fühlte sie sich bedroht und beleidigte sie. Nach einer Abmahnung kündigte der Vermieter der Frau fristlos, hilfsweise ordentlich.
Die mittlerweile unter Betreuung stehende Frau räumte die Wohnung nicht und kam 2024 für knapp zwei Monate in psychiatrische stationäre Behandlung. Seitdem ist sie medikamentös so eingestellt, dass es nach ihrer Entlassung zu keinen weiteren Vorfällen mehr kam.
Das Amtsgericht erklärte sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Zwar könne der angeführte nachhaltig gestörte Hausfrieden eine Mietkündigung begründen, zumal der Vermieter die Interessen der anderen Mieter schützen müsse, doch haben es aufgrund der Behandlung der Kranken keine Vorfälle mehr gegeben. Ein kommunales Wohnungsunternehmen dürfe besonders „vulnerable“ Mieter nur als letztes Mittel kündigen. Denn das städtische Wohnungsunternehmen sei unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Es müsse immer abwägen, ob eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht doch zumutbar ist.
Das sei hier unterlassen worden. Der Frau drohe bei einer Räumung nicht nur Obdachlosigkeit, sondern auch eine Gefahr für Leib und Leben. Denn mit dem Auszug sei eine hohe psychische Belastung verbunden, die zur Verschlimmerung der Krankheit führen könne. Der Vermieter hätte statt der Kündigung zunächst einmal den sozialpsychiatrischen Dienst informieren müssen, damit dieser Maßnahmen unternimmt.
Az.: 711 C 17/24