Freiburg/Mainz (epd). Ammen, die Kinder anderer Frauen stillen, sind seit der Antike bekannt. Frauenmilchbanken arbeiten heute mit gespendeter Muttermilch. Frühe Sammelstellen im Kampf gegen die Kindersterblichkeit wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts weltweit gegründet. Als die erste in Deutschland gilt die 1919 eingerichtete Muttermilch-Sammelstelle im Krankenhaus Magdeburg-Altstadt.
Die Kinderärztin Marie-Elise Kayser warb auch außerhalb von Kliniken und Wöchnerinnenheimen um Spenderinnen. 1921 schrieb Kayser deshalb an die bekannte und sozial sehr engagierte Künstlerin Käthe Kollwitz mit der Bitte um einen Plakatentwurf für eine große Werbekampagne. Doch die Künstlerin lehnte zunächst ab, weil sie mit anderen Arbeiten beansprucht war. Erst 1926 nach nochmaliger Anfrage von Marie-Elise Kayser fertigte sie das Plakat an, das neben der Zeichnung den Appell „Mütter gebt von eurem Überfluss!“ trägt.
Vor einigen Jahrzehnten gab es in Deutschland etwa 80 Frauenmilchbanken. Doch dann wurde verstärkt die sogenannte Formula, kuhmilchbasierte Fertigmilch, eingesetzt. Außerdem wuchs die Angst vor HIV-Infektionen, die auch über Muttermilch übertragen werden können. In der Folge wurden vor allem in Westdeutschland Frauenmilchbanken geschlossen, wie Daniel Klotz sagt, Intensivmediziner für Neugeborene am Universitätsklinikum Freiburg.
Er ist Vorstandsmitglied des 2018 gegründeten Vereins Frauenmilchbank-Initiative e.V. Dieser hat sich das Ziel gesetzt, dass alle Frühgeborene in Deutschland, die keine Muttermilch bekommen können, einen sicheren Zugang zu Milch aus einer Frauenmilchbank haben. „Humane Milch ist besser als die Alternativen“, begründet Klotz sein Engagement.
Aktuell gibt es in Deutschland rund 50 Frauenmilchbanken. Erst im Juli hat die Universitätsmedizin Mainz ihre Spenderinnenmilchbank in Betrieb genommen. Nach eigenen Angaben ist es die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz.
Bislang gab es in Deutschland für die Gründung einer Frauenmilchbank unterschiedliche Regularien. Das ändere sich spätestens mit der ab 2027 verpflichtenden Umsetzung einer Verordnung der Europäischen Union aus diesem Jahr, erklärt Klotz. Unter anderem galt Muttermilch bislang als Lebensmittel und wird nun - analog zu Blut, Zellen und Geweben - als „Substanz menschlichen Ursprungs“ eingeordnet.
Die Regeln für die Frauenmilchbanken würden sich verändern, aktuell wisse allerdings niemand, was genau sie in Zukunft festlegen. Der Prozess birgt nach den Worten des Mediziners Chancen und Risiken: Einerseits seien klare Regeln hilfreich beim Aufbau von neuen Strukturen, andererseits müssten diese Strukturen auch finanzierbar sein. Er sehe die Gefahr, dass kleinere Frauenmilchbanken den Betrieb einstellen müssten, wenn die regulatorischen Auflagen zu hoch und nicht mehr umsetzbar seien.