sozial-Politik

Haushalt

Erleichterung und zugleich Kritik am Haushaltsentwurf




Das Geld des Bundes sitzt nicht mehr locker.
epd-bild/Heike Lyding
Das Kabinett hat den Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 angenommen. Viele der Befürchtungen von Sozialverbänden haben sich nicht bewahrheitet. Zugleich haben die Verbände noch mehrere Kritikpunkte.

Berlin (epd). Die Bundesregierung hat den Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 auf den Weg gebracht. Am 17. Juli gab das Kabinett grünes Licht für die vor zwei Wochen getroffene Vereinbarung der Spitzen der Ampel-Koalition, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit im Anschluss in Berlin mitteilte. Sozialverbände, Gewerkschaften und Krankenkassen zeigten sich teilweise erleichtert darüber, dass viele der zuvor diskutierten Einsparungen nicht umgesetzt wurden. Aber besonders im Gesundheitssektor und bei Kindern genüge der Entwurf nicht, kritisierten sie.

Der Bundeshaushalt für das kommende Jahr sieht insgesamt Ausgaben von 481 Milliarden Euro vor, etwas weniger als in diesem Jahr. Mit dem Entwurf für den Haushalt hat das Kabinett auch Eckpunkte der sogenannten Wachstumsinitiative beschlossen. Sie sieht Gesetzesänderungen vor, die mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung sowie eine Entlastung von Unternehmen von Bürokratie vorsehen. Die Änderungen betreffen unter anderem das Lieferkettengesetz, das Bürgergeld und die Rente.

Anreize für ältere Beschäftigte

Ältere Beschäftigte sollen Anreize bekommen, länger im Job zu bleiben. Für Bürgergeld-Bezieher sollen Sanktionen verschärft, Karenzzeiten für Schonvermögen verkürzt und eine monatliche Meldepflicht eingeführt werden. 25 Milliarden Euro sind für das kommende Jahr für das Bürgergeld veranschlagt. Das Kindergeld soll 2025 um fünf Euro angehoben werden, ebenso der Kinderzuschlag. Über die Kindergrundsicherung, die im Bundestag verhandelt wird, gibt es mit dem Bundeshaushalt keine Entscheidung.

Die Diakonie sieht den Entwurf daher zwiespältig. Es sei ein „Teilerfolg“, dass einige der diskutierten Kürzungen zumindest teilweise abgewendet worden seien. Anders als von Sozialverbänden befürchtet, bekommen etwa die Freiwilligendienste nicht weniger, sondern mehr Geld als ursprünglich geplant. Gleichwohl fehlten im Haushaltsentwurf notwendige Mittel zum Beispiel für die Bekämpfung von Kinderarmut und eine „echte Kindergrundsicherung“, kritisierte Sozial-Vorständin Maria Loheide. Auch bei der Pflegeversicherung müsse die Bundesregierung nachbessern. Sparen an der falschen Stelle verschärfe Armut und soziale Ausgrenzung und schwäche das Vertrauen in die Demokratie weiter. „Nur wenn wir heute in eine krisenfeste soziale Infrastruktur und die gesellschaftliche Integration investieren, können wir für die Zukunft den Zusammenhalt stärken, den wir in unserer Gesellschaft brauchen“, sagte Loheide.

Der Präsident des Bundesverbands der Arbeiterwohlfahrt, Michael Groß, zeigte sich „wenig begeistert“ von dem Entwurf, auch wenn er froh sei, „dass im Bereich der Freien Wohlfahrtspflege nicht wieder der Kürzungshammer ausgepackt wurde“. Die psychosoziale Betreuung von Flüchtlingen hingegen sei Gegenstand massiver Kürzungen. Hier solle fast die Hälfte der Mittel wegfallen. Auch bei den Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt solle im dreistelligen Millionenbereich gekürzt werden, kritisierte Groß. „Von den sieben Milliarden Euro, die der gesamte Haushalt im Vergleich zum Vorjahr schrumpft, um die Schuldenbremse zu halten, holt sich die Regierung mehr als die Hälfte auf dem Rücken der Ärmsten, vor allem durch härtere Sanktionen im Bürgergeld“, sagte er. Das bedeute, „dort zu sparen, wo die Schmerzgrenze längst überschritten ist“.

„Keine Sparorgie“, aber „falsches Signal“

Der Paritätische Bundesverband warnte, der Haushaltsentwurf verschärfe die soziale Ungleichheit. „Die getroffene Einigung geht zu Lasten besonders unterstützungsbedürftiger Menschen“, sagte dessen designierter Hauptgeschäftsführer Joachim Rock. Während die Ampel mit den geplanten Verschärfungen im Bürgergeld drastische und völlig unverhältnismäßige Maßnahmen auf Kosten von Leistungsbeziehenden plane, drohe die Beschäftigungsförderung mit den geplanten Kürzungen vielerorts zum Erliegen zu kommen. Die angekündigte Erhöhung des Kindergeldes und des Sofortzuschlages stehe in keinem Verhältnis zur geplanten Privilegierung einkommensstarker Familien, die durch höhere Freibeträge weitaus stärker profitierten.

Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke sah Licht und Schatten bei dem Haushaltsentwurf. „Offenbar hat die Ampelkoalition erste Kritik aufgegriffen - eine Sparorgie ist der Haushaltsentwurf nicht“, sagte er. Ein „absolut falsches Signal“ sei jedoch die geplante Kürzung beim Bundeszuschuss für die gesetzliche Rentenversicherung. Durch geplante Steuerentlastungen verdüsterten sich die Aussichten für die Kommunen. „Damit ist es weder möglich, den überfälligen Ausbau des ÖPNV anzugehen, noch jemals die Klimaziele im Verkehr zu erreichen“, sagte Werneke. Besorgniserregend seien die sich abzeichnenden finanziellen Schieflagen vieler Krankenhäuser, der Zustand der Pflegekassen und der Zuschussbedarf in der gesetzlichen Krankenversicherung

Auch die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, kritisierte, dass die Bundesregierung auch im kommenden Jahr die Kranken- und Pflegeversicherung nicht von beitragsfremden Leistungen entlasten wolle. „Das ursprüngliche Ziel, Ausgaben und Einnahmen zu harmonisieren und damit die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung wieder in Ordnung zu bringen, scheint völlig aus dem Blick geraten zu sein“, sagte Reimann.

Lindner verteidigt Entwurf

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verteidigte indessen die geplanten Verschärfungen für Bürgergeld-Bezieher als notwendig für die Haushaltsplanung. Man habe sich auf Maßnahmen verständigt, „um den fordernden Charakter des Bürgergelds zu stärken“, sagte Lindner bei der Vorstellung des Regierungsentwurfs. Der „dynamische Anstieg der Sozialausgaben“ könne nicht fortgesetzt werden.

Lindner verwies auf die Vereinbarungen in der Koalition für Verschärfungen beim Bürgergeld, die dazu führen sollen, dass mehr Menschen eine Arbeit aufnehmen. Die Mitwirkungspflichten inklusive der Sanktionen würden verschärft, sagte der FDP-Vorsitzende: „Es gibt eine neue monatliche Meldeverpflichtung der Bürgergeld-Bezieher bei der Behörde.“ Lindner plädierte zugleich für weitere Maßnahmen. Die Sozialleistungsquote liege im nächsten Jahr gemessen an der Größe des Bundeshaushalts bei 45 Prozent. Werde nichts unternommen, werde die Quote bis 2028 auf 48 Prozent steigen, erklärte der FDP-Politiker.