Erfurt (epd). Manipulationen an einer elektronischen Patientenakte durch eine Arztpraxis-Mitarbeiterin rechtfertigen die fristlose Kündigung. Das gilt auch dann, wenn die Beschäftigte 15 Jahre zuvor beanstandungsfrei in der Praxis gearbeitet hat, entschied das Thüringische Landesarbeitsgericht (LAG) in Erfurt in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 28. Februar 2024.
Damit ist die in einer Arztpraxis im Raum Gera angestellte Klägerin ihren Job los. Die Frau hatte zunächst 15 Jahre als Dokumentationsassistentin ohne jegliche Beanstandungen gearbeitet. Doch dann hatte sie in den vergangenen zwei Jahren nach Streitigkeiten um ihre Arbeitsmoral zwei Abmahnungen erhalten.
Als im Dezember 2022 die Ärztin für eine Patientin eine Heilmittelverordnung ausstellte, sollte die Klägerin das Schreiben zur Post bringen. Doch die Klägerin versäumte das. Aus Angst um ihren Arbeitsplatz log sie ihre nachfragende Chefin an. Um das Versäumnis zu vertuschen, änderte sie in der elektronischen Patientenakte nachträglich das Datum der Verordnung.
Als die Ärztin die nachträgliche Manipulation der elektronischen Patientenakte bemerkte, kündigte sie der Frau fristlos. Sie verwies zudem auf die mehrfachen Lügen der Beschäftigten.
Das LAG erklärte die Kündigung nun für wirksam. „Die nachträgliche Veränderung von Daten in der elektronischen Patientenakte durch die Klägerin ist eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Diese ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen.“
Denn die exakt geführte elektronische Patientenakte sei von großer Bedeutung. Sie diene der Dokumentation von Behandlungsverläufen, der Abrechnung und sei auch für Haftungsfragen bedeutsam. Komme es zu einem Ärztinnenwechsel, sei eine fehlerfreie Dokumentation von großer Wichtigkeit.
„Deshalb gehört es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des medizinischen Hilfspersonals, Eintragungen in die Patientenakte sorgfältig und anweisungs- sowie wahrheitsgemäß vorzunehmen und nachträgliche Änderungen, die nicht den Tatsachen entsprechen, zu unterlassen.“ Als staatlich geprüfte medizinische Dokumentationsassistentin habe sie dabei sehr wohl gewusst, was sie tut. Dadurch und durch ihr mehrfaches Lügen und Leugnen habe sie „das in sie gesetzte Vertrauen zerstört“, befand das Gericht.
Az.: 4 Sa 166/23