sozial-Politik

Rheinland-Pfalz

Beauftragte: Lücken bei Gesundheitsversorgung behinderter Menschen




Ellen Kubica
epd-bild/Peter Pulkowski/MASTD

Mainz (epd). Menschen mit Behinderung haben nach Aussage der Landesbeauftragten Ellen Kubica (Grüne) auch in Rheinland-Pfalz vielfach noch immer keinen Zugang zu qualifizierter ärztlicher Betreuung. Im Gesundheitssystem gebe es weiterhin „unheimlich viele Barrieren“, sagte sie in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „In vielen Gegenden werden Menschen mit Behinderung ins Krankenhaus geschickt, weil sie keinen Facharzt finden.“

Dies habe teils fatale Folgen, wenn etwa Krebsvorsorgeuntersuchungen nicht wahrgenommen werden könnten, sagte Kubica. Es gebe kaum Frauenärzte, die auf mobilitätseingeschränkte Patientinnen eingestellt seien. Auch eine Psychotherapie für Menschen mit Behinderung werde kaum angeboten.

Kubica, die das im Mainzer Sozialministerium angesiedelte Amt der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen Ende 2023 übernommen hatte und selbst auf einen Rollstuhl angewiesen ist, will in ihrer neuen Funktion die Probleme von Frauen mit Behinderung stärker in den Blick nehmen. „Frauen mit Behinderung sind überdurchschnittlich von Gewalt bedroht oder betroffen“, sagte sie.

„In anderen Ländern gibt es das nicht“

Von der jüngsten Debatte um die vom Land bekanntgegebenen Änderungen an den Förderschulen zeigte sie sich überrascht. „Manche bezeichnen das schon als Kulturkampf“, sagte Kubica zur Vehemenz der Diskussionen. Die Entscheidung des Bildungsministeriums, Kinder mit Lernbehinderung künftig immer zuerst an der gewöhnlichen Grundschule einzuschulen, sei richtig. Ohne Vorliegen zusätzlicher Einschränkungen von einer „Lernbehinderung“ zu sprechen und davon die Schullaufbahn eines Kindes abhängig zu machen, sei eine „sehr deutsche Erfindung“, kritisierte sie. „In anderen Ländern gibt es das so nicht.“

Die Vorstellungen von Menschen mit Behinderung über ihren Lebensweg hätten sich in den vergangenen Jahren spürbar geändert. Auch immer mehr Eltern wünschten sich für ihre Kinder eine Alternative zu Förderschule und anschließender Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Es sei aber nicht einfach, sich ein objektives Bild darüber zu machen, wie zufrieden oder unzufrieden die Menschen in den Werkstätten seien, räumte Kubica ein. Fakt sei jedenfalls, dass Alternativen wie das zuerst von Rheinland-Pfalz eingeführte Budget für Arbeit und Anstellungen bei normalen Arbeitgebern sich großer Nachfrage erfreuten.

Bis zu ihrem Wechsel in den Landesdienst war Ellen Kubica Projektleiterin beim Verein „Bildungs- und Forschungsinstitut zum selbstbestimmten Leben Behinderter“ (bifos) und Vorsitzende des kommunalen Mainzer Beirats für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Außerdem gehört sie der Grünen-Fraktion im Mainzer Stadtrat an, trat allerdings bei der jüngsten Kommunalwahl nicht mehr erneut an.

Karsten Packeiser