

Berlin (epd). Der Paritätische Gesamtverband hat eine Umfrage vorgestellt, die zum Ergebnis kommt, dass bundesweit rund 125.000 Fachkräfte in den deutschen Kitas fehlen. Das sei eine besorgniserregende Situation, hieß es am 3. Juni in Berlin. Besonders alarmierend sei, dass sich die Situation in vielen Einrichtungen in den vergangenen zwei Jahren deutlich verschlechtert habe, erklärte der Verband. Die bisherigen Bemühungen von Bund und Ländern, die Qualität in Kitas zu sichern, hätten die negative Entwicklung nicht aufgehalten, hieß es.
Die CDU ging die zuständige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) scharf an: „Frau Paus kann es einfach nicht. Nirgendwo klaffen die Bedarfe in der Realität und Regierungshandeln so weit auseinander wie bei der Kita-Politik unter der Ampel“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär. Die Fehlsteuerung durch die Ministerin mache aus der Kita-Krise eine Kita-Katastrophe. „Das System Kita ist für unsere Gesellschaft zu wertvoll, um es in den vollständigen Kollaps zu treiben.“
Silvia Breher, die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte, die Ampel müsse jetzt handeln. „Wir müssen auf allen Ebenen flexibler denken und die Potentiale nutzen. Nur ein Beispiel: Aktuell noch fehlende Sprachkenntnisse bei Erzieherinnen und Erziehern dürfen kein Einstellungshindernis sein. Die entsprechenden Sprachkenntnisse können auch berufsbegleitend erworben werden.“ Paus hatte jüngst gesagt, bis zum Jahr 2030 könnten zwischen 50.000 und 90.000 Fachkräfte fehlen.
Laut Umfrage des Paritätischen fehlen im Schnitt in jeder Kita mehr als zwei Fachkräfte. Das entspreche 125.000 fehlenden Fachkräften im gesamten Bereich der Kindertagesbetreuung. „Personalmangel führt zu zusätzlichen Überstunden und einer zunehmenden Überlastung der vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit drohen weitere Personalausfälle“, sagte Juliane Meinhold vom Paritätischen. „Und die Kinder haben das Nachsehen, weil Aktivitäten und Förderung eingeschränkt werden.“ Kinder mit Behinderung seien die besonders Leidtragenden in dieser Situation, heißt es im Kita-Bericht des Verbandes.
Diese Zusammenhänge verdeutliche auch der neu geschaffene Kita-Belastungs-Index, der zeigt, dass 22 Prozent der erfassten Kindertageseinrichtungen stark mehrfachbelastet seien.
Mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz habe der Bund die Hoffnung geweckt, dass sich die Situation ab 2019 flächendeckend verbessern könnte. „Der Bund unterstützt die Länder bis 2022 mit insgesamt 5,5 Milliarden Euro zusätzlich, um die Qualität in der Kindertagesbetreuung weiterzuentwickeln und Eltern bei den Gebühren zu entlasten. Jedes Land entwickelt mit dem Gesetz die Kindertagesbetreuung weiter, mit den Maßnahmen, die am besten zur Situation vor Ort passen - von längeren Öffnungszeiten über sprachliche Förderung bis zur Gesundheitsbildung“, so die damalige Familienministerin Franziska Giffey (SPD).
Die Studienergebnisse des Paritätischen zeigten aber sehr deutlich, dass sich zwischen 2021 und 2023 die Rahmenbedingungen in den meisten Kitas verschlechtert hätten, „insbesondere weil sich der Fachkräftemangel als große Belastung erweist“.
Der Paritätische fordert, mehr Fachkräfte durch bessere Rahmenbedingungen in der Ausbildung zu gewinnen. So sollte kein Schulgeld mehr gezahlt werden müssen. Auch müsse die Anrechnung von Auszubildenden auf den Personalschlüssel aufhören. Ferner sei zusätzliches Personal in inklusiv arbeitenden Kitas und in Einrichtungen mit einem hohen Anteil von sozialer benachteiligten Kindern notwendig. Meinhold: „Alle Kinder müssen in der Kita gut betreut werden. Und alle Mitarbeiterinnen müssen ihre Arbeit gut machen können. Das wird ohne eine zusätzliche Stärkung von Kindertageseinrichtungen nicht möglich sein.“
Der Kita-Bericht basiert auf einer Online-Umfrage zur Qualitätssicherung in Kindertageseinrichtungen, an der den Angaben zufolge zwischen Mai und Juni 2023 1.760 Kita-Beschäftigte teilgenommen haben. Die Studie wurde mit der Universität Osnabrück erstellt.