Frankfurt a.M. (epd). Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche beobachtet eine Zunahme von Räumungen und Räumungsversuchen von Kirchenasylen in Deutschland. Seit Juli 2023 habe es sieben Fälle von Räumungen, versuchten Räumungen oder Räumungsandrohungen gegeben, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft, Dieter Müller, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 15. Mai. „Das hatten wir in der Vergangenheit in dem Umfang nicht.“
Am 14. Mai war bekannt geworden, dass Polizei und Land Niedersachsen am Wochenende ein Kirchenasyl im Kreis Uelzen gebrochen hatten, eine russische Familie wurde nach Spanien abgeschoben. Asylgrund ist ein Einzugsbefehl für den Vater und den Sohn der Familie für den Kampf im Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die medizinische Behandlungsbedürftigkeit der Mutter in Deutschland. Im Februar war in Rheinland-Pfalz ein Syrer aus dem Kirchenasyl nach Dänemark abgeschoben worden.
Mit der Aussage der Behörden in Uelzen sei eine neue Qualität erreicht, sagte Müller, der in Nürnberg beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst arbeitet. Die Behörde hatte argumentiert, das Kirchenasyl sei geräumt worden, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Gründe für das Asylgesuch im sogenannten Dossierverfahren erneut geprüft und abgelehnt habe. Das passiere aber in 99 Prozent der Fälle, damit wäre das Kirchenasyl faktisch außer Kraft, sagte Müller.
Zu den sogenannten Dublin-Fällen existiert seit 2015 eine Absprache zwischen Kirchen und dem Bundesamt. Es geht dabei um Rückführungen in europäische Länder, in denen Geflüchtete zunächst Asyl beantragt haben. Kirchengemeinden reichen in solchen Fällen ein Härtefall-Dossier ein, das dann geprüft wird. Anlass für die Vereinbarung im Jahr 2015 sei die Räumung eines Kirchenasyls 2014 in Augsburg gewesen, sagte Müller. Daraufhin sei die Zahl der Kirchenasyle gestiegen, weil viele Gemeinden damals auf diese Möglichkeit aufmerksam wurden.
Im vergangenen Jahr ist laut Müller die bisherige Höchstzahl von knapp über 2.000 Kirchenasylen bundesweit erreicht worden. „Das könnte natürlich auch ein Grund sein, dass Ausländerbehörden eher über eine Räumung nachdenken als in den vergangenen Jahren“, sagte Müller.
Seit das Bamf 2015 das Kirchenasyl respektiert habe, habe es nur im Jahr 2020 eine Räumung mit anschließender Abschiebung in Gelsenkirchen gegeben. Danach habe es nach Kenntnis der Arbeitsgemeinschaft erst wieder im Juli 2023 einen Fall im nordrhein-westfälischen Viersen gegeben, als ein kurdisches Ehepaar in den Irak abgeschoben werden sollte. Die Abschiebung scheiterte.
Müller forderte, die katholischen und evangelischen Bischöfe müssten jetzt stärker in die Offensive gehen. „So langsam müssten die Bischöfe das Thema bei den zuständigen Behörden in Bund, Ländern und Kommunen nochmal ansprechen.“