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Missbrauch

Bayerische Landeskirche will Personalakten extern sichten lassen



Im Januar ist die Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche erschienen. Die Forscher gehen wegen einer dünnen Datenlage von viel mehr Opfern aus. Die bayerische Landeskirche will nun auch Personalakten auf Verdachtsfälle prüfen lassen.

München/Bamberg (epd). Im Nachgang zur ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie will die bayerische Landeskirche nun auch alle Personalakten auf Verdachtsfälle sichten lassen. Ziel sei, dass externe Fachleute alle verfügbaren Personalakten der Landeskirche durchsehen, sagte ein Kirchensprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 28. Februar auf Anfrage. Ein offizieller Beschluss der Kirchenleitung dazu liege allerdings bisher nicht vor. Eine Arbeitsgruppe plane derzeit die Umsetzung des auf zwei Jahre angelegten Akten-Screenings.

Die Herausforderung sei, dass die Personalakten der Landeskirche dezentral in ganz Bayern gelagert würden, sagte der Kirchensprecher weiter. Es gebe direkte Beschäftigte der Landeskirche, aber auch Beschäftigte in den einzelnen Dekanaten und kirchlichen Einrichtungen. Zunächst müssten alle Personalakten digitalisiert werden, um sie den externen Experten leicht zugänglich zu machen. Als externe Experten habe Landesbischof Christian Kopp pensionierte Kriminalbeamte oder Staatsanwälte ins Gespräch gebracht, die für das Akten-Screening ein Honorar erhalten sollen.

Studie: Bislang 1.259 mutmaßliche Täter

Ende Januar hatte ein Forscher-Team ihre ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt im Raum der evangelischen Kirche und der Diakonie vorgestellt. Darin ist von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern die Rede. Die Forscher betonten dabei, dass dies nur „die Spitze der Spitze des Eisbergs“ sei, da die Landeskirchen bis auf eine lediglich Daten aus Disziplinar-, nicht aber aus Personalakten geliefert hatten. Die Dunkelziffer dürfte wegen der mangelnden Datenlage aber deutlich höher liegen.

Landesbischof Christian Kopp hatte sich nach der Veröffentlichung der Studie offen dafür gezeigt, die Personalakten sichten zu lassen. Er pochte dabei aber auf eine EKD-weite Linie. Nun geht die Landeskirche offenbar einen Schritt weiter, dem epd sagte Kopp: „Wir packen das Screening aller Personalakten in Bayern jetzt an, sind aber im Gespräch darüber mit anderen Landeskirchen.“ Die genaue Zahl an verfügbaren Personalakten in Bayern muss laut dem Kirchensprecher erst noch ermittelt werden.

Liste mit möglichen Tätern an Staatsanwaltschaft übergeben

Die Landeskirche teilte außerdem mit, dass der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg eine Liste mit allen ihr bekannten Fällen sexualisierter Gewalt seit 1946 übergeben worden sei. Enthalten seien alle 226 Fälle, die an die Forscher der ForuM-Studie gemeldet wurden, weitere Fälle, die der „Anerkennungskommission zur Gewährung von Leistungen in Anerkennung erlittenen Unrechts an Betroffene sexualisierter Gewalt“ vorlagen, sowie alle Meldungen an die landeskirchliche Ansprechstelle seit 2021.

Nach der Veröffentlichung der ForuM-Studie habe die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Landeskirche aufgefordert, alle Verdachtsfälle des sexuellen Missbrauchs in einer Liste mitzuteilen und die Akten von Fällen zu übersenden, die eventuell bislang nicht mitgeteilt wurden. Ein entsprechender Aktenabgleich habe bereits im Jahr 2019 stattgefunden.

Viele Fälle nicht mehr zu verfolgen

Die Landeskirche fasst den Begriff „sexualisierter Gewalt“ weiter als das Strafgesetzbuch, also nicht nur Straftaten, sondern etwa auch anzügliche Bemerkungen. In der Liste seien daher auch viele Fälle enthalten, die strafrechtlich nicht relevant sind oder strafrechtlich nicht verfolgt werden können, weil der Täter bereits verstorben ist.

Landesbischof Kopp betonte, dass die unabhängige Prüfung durch die Generalstaatsanwaltschaft eine „willkommene Unterstützung“ sei, „um Transparenz zu schaffen“. Die ForuM-Studie hatte systemische Ursachen offengelegt, die das Auftreten von sexualisierter Gewalt im Bereich der evangelischen Kirche begünstigt haben. „Wir müssen uns intensiv mit den offenen und verdeckten Machtstrukturen in unserer Kirche auseinandersetzen. Auch in theologischer Hinsicht hat die Studie Fragen aufgeworfen, die neu reflektiert werden müssen“ sagte der Landesbischof.

Christiane Ried


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