Bremen (epd). Zwischen Ende der 1940er bis in die 1980er Jahre wurden in der Bundesrepublik Millionen Kinder in Kurheime verschickt. Sie sollten dort erholen und „aufgepäppelt“ werden. Häufig spielten ein zu geringes Körpergewicht oder vorhandene Erkrankungen eine Rolle. Zudem konnten sich viele Familien einen Urlaub nicht leisten. Die Kosten trugen die Krankenkassen.
Oft wurde der Erfolg der Kur an der Gewichtszunahme gemessen. Doch viele Mädchen und Jungen kehrten traumatisiert zurück. Sie berichteten unter anderem von Essenszwang durch das Pflegepersonal bis hin zum Erbrechen sowie von harten Strafen wie Schlafentzug oder Ans-Bett-Fesseln.
Häufige Ziele waren die nord- und ostfriesischen Inseln sowie die Hoch- und Mittelgebirge. Betrieben wurden die Kurheime unter anderem von Trägern wie der Diakonie, der Caritas, der Arbeiterwohlfahrt oder vom Deutschen Roten Kreuz.
Ende 2019 kamen erstmals Betroffene zu einer bundesweiten Konferenz auf Sylt zu einem Austausch zusammen, um das Erlebte gemeinsam aufzuarbeiten. Sie fordern vom Bund mehr Engagement bei der Aufklärung der Missstände in Kinderkurheimen, beispielsweise eine öffentlich finanzierte Anlaufstelle zur Beratung und Vernetzung. Bisher beschränken sich die Aufarbeitungsbemühungen jedoch auf einzelne Bundesländer.