Karlsruhe (epd). Ausländische Contergangeschädigte müssen sich Entschädigungszahlungen ihres Heimatstaates mindernd auf ihre deutsche Conterganrente anrechnen lassen. Die Anrechnungsregelung im Conterganstiftungsgesetz ist verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum oder den Gleichbehandlungsgrundsatz, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 10. Januar veröffentlichten Beschluss.
Im Zuge des Contergan-Skandals kamen zwischen 1958 und 1962 weltweit rund 10.000 Kinder unter anderem mit schweren Fehlbildungen an Armen und Beinen zur Welt. Ursache für die Schädigungen war die Einnahme des zunächst rezeptfrei erhältlichen Beruhigungs- und Schlafmittels Contergan mit dem Wirkstoff Thalidomid der Firma Grünenthal während der Schwangerschaft.
Der Bund und die Firma Grünenthal errichteten 1972 eine Stiftung zur Entschädigung contergangeschädigter Kinder. Hierfür haben sie jeweils 100 Millionen Mark (51.129.188 Euro) eingezahlt. Geschädigte können aus den Stiftungsmitteln eine einmalige Kapitalleistung sowie eine Conterganrente erhalten. Die monatliche Rente beträgt derzeit je nach Schädigung zwischen 818 Euro und 9.234 Euro. Entschädigungsansprüche gegenüber Grünenthal konnten damit nicht mehr geltend gemacht werden.
Im konkreten Fall hatte der irische contergangeschädigte Kläger auch vom irischen Staat eine Entschädigung in Höhe von monatlich 1.109 Euro erhalten. Diese wurde mindernd auf seine monatliche deutsche Conterganrente in Höhe von 3.686 Euro angerechnet. Der Mann hielt diese Anrechnung für verfassungswidrig. Sein Eigentumsgrundrecht werde verletzt, lautete die Begründung.
Die Anrechnung der irischen Entschädigungszahlung auf die deutsche Conterganrente ist jedoch sachlich gerechtfertigt und verfassungsgemäß, entschied das Bundesverfassungsgericht. Der Gesetzgeber habe Doppelleistungen vermeiden wollen. Es sei legitim, „dass vergleichbare deutsche und ausländische Leistungen nur einmal gewährt werden“. Damit werde eine Ungleichheit „innerhalb der Schicksalsgemeinschaft der Geschädigten“ vermieden, befand das Gericht.
Das sichere nicht nur das öffentlichen Interesse, die Verteilungsgerechtigkeit zu gewährleisten. Der Staat habe auch ein Interesse, „die begrenzten öffentlichen Mittel“ möglichst optimal zu verwenden.
Az.: 1 BvL 6/21