sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Bei schrittweiser Betriebsstilllegung Sozialauswahl erforderlich



Düsseldorf (epd). Bei einer schrittweisen Betriebsstilllegung als Folge einer Insolvenz kann ein Arbeitgeber Mitarbeiter nicht nach Gutdünken kündigen. Sollen bestimmte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer später noch Abwicklungsarbeiten durchführen, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl vornehmen und festlegen, wer zuletzt betriebsbedingt gekündigt werden kann, urteilte am 9. Januar das Landesarbeitsgericht Düsseldorf.

Im Streitfall ging es um einen aluminiumverarbeitenden Betrieb mit knapp 600 Mitarbeitern. Als das Unternehmen Insolvenz anmelden musste, stimmten der Insolvenzverwalter und der Gläubigerausschuss der Einstellung der Geschäftstätigkeit zum Jahresende 2022 zu.

Für Abwicklungsarbeiten Sozialauswahl nötig

Fast alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurden daraufhin ab Januar 2023 von der Arbeit freigestellt und zum 31. März betriebsbedingt gekündigt, darunter auch der Kläger. Lediglich ein kleiner Teil der Beschäftigten konnte für Abwicklungsarbeiten noch bis zum 30. Juni 2023 arbeiten. Der Kläger hielt die Kündigung für unwirksam, insbesondere, weil der Arbeitgeber die Massenentlassungsanzeige fehlerhaft bei der Bundesagentur für Arbeit angezeigt hatte.

Das LAG erklärte die Kündigung für unwirksam. Fehler in der Massenentlassungsanzeige stellten jedoch keinen Unwirksamkeitgrund dar, weil „der Zweck der Anzeige nicht der Individualschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist“.

Schutzwürdigste Mitarbeiter bestimmen

Die Kündigungsschutzklage sei vielmehr dadurch begründet, weil der Arbeitgeber keine ausreichende Sozialauswahl vornahm. „Bei einer etappenweisen Betriebsstilllegung hat der Arbeitgeber keine freie Auswahl, wem er früher und später kündigt“, urteilten die Düsseldorfer Arbeitsrichter. Grundsätzlich müssten die schutzwürdigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den Abwicklungsarbeiten beschäftigt werden.

Für die Sozialauswahl müsse der Arbeitgeber Vergleichsgruppen anhand der bisher ausgeübten Tätigkeiten bilden und Anforderungsprofile für die Abwicklungsarbeiten erstellen. Dem sei der Arbeitgeber im Streitfall nicht hinreichend nachgekommen, befand das Gericht.

Az.: 3 Sa 529/23