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Lauterbach-Entwurf: Pflegekräfte sollen mehr entscheiden können




Mitarbeiterin einer Intensivstation
epd-bild/Werner Krüper
Gut ausgebildete Pflegekräfte können ihre fachlichen Kompetenzen im Beruf oft nicht voll einbringen. Solche Feststellungen sind zu hören, wenn es um die Aufwertung des Pflegeberufs geht. Nun sollen die Gesetzesänderungen kommen, die bisher fehlen.

Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Handlungs- und Entscheidungsspielräume von Pflegekräften gesetzlich erweitern. Er stellte am 19. Dezember in Berlin Eckpunkte für ein „Pflegekompetenzgesetz“ vor, mit dem Fachkräften mehr Verantwortung übertragen würde. Ziel ist es, die Abhängigkeit von Ärztinnen und Ärzten zu verringern, Arbeitsabläufe flüssiger zu machen und das Ansehen und die Attraktivität des Berufs zu erhöhen.

„Pflegefachkräfte können mehr, als sie dürfen“

Ein Gesetzentwurf soll nächstes Jahr folgen und nach Lauterbachs Worten möglichst im ersten Halbjahr 2024 im Bundestag beschlossen werden. Lauterbach sagte: „Pflegefachkräfte können mehr, als sie dürfen.“ Er kündigte ein „ehrgeiziges Gesetz“ an und machte deutlich, dass ohne die Reform der Personalmangel in der pflegerischen Versorgung noch stärker durchschlagen werde: „Wir werden in allen Bereichen eine Unterversorgung haben“, sagte Lauterbach. „Wir können es uns nicht leisten, Potenzial liegenzulassen.“

Die Erweiterung der Kompetenzen im beruflichen Alltag richtet sich nach der Ausbildung. Es gehe um vier Gruppen, sagte der Minister: examinierte Pflegekräfte, examinierte Pflegekräfte mit einer Zusatzausbildung sowie studierte Fachkräfte mit Bachelor- oder Masterabschluss. Ein Beispiel: Hat eine Pflegekraft eine Zusatzausbildung zu Diabetes, soll sie künftig über die erforderliche Pflege entscheiden, sie ausführen und auch Insulin verordnen können, wenn wieder welches gebraucht wird.

Heute schreiben die Ärzte die Rezepte. Das hält die Pflegekräfte auf und bedeutet in der häuslichen Pflege für Angehörige von Pflegebedürftigen, dass sie zwischen Arztpraxis und Pflegedienst hin- und herlaufen. Lauterbach verwies auf die elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept, das ab Januar 2024 verpflichtend wird. Das werde auch zu Vereinfachungen führen, sagte er.

Bessere politische Vertretung

Pflegekräfte sollen außerdem mehr Leitungsverantwortung übernehmen, etwa in Gesundheitskiosken oder Krankenhäusern der Grundversorgung. In Modellprojekten soll ausprobiert werden, ob sie in Heimen anstelle des Medizinischen Dienstes die Anpassung von Pflegestufen übernehmen können.

Die politische Vertretung der Pflege auf Bundesebene soll verbessert werden. Die Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Eckpunkte enthielten das, was Berufsverbände seit Jahren forderten: „Jeder einzelne Punkt ist ein Schritt in die richtige Richtung“, lobte Vogler. Weil es sich um Eckpunkte handele, wisse man allerdings noch nicht, wie das geplante Gesetz aussehe und sich in der Praxis auswirken werde. „Beeindruckend“ sei aber die neue Haltung des Bundesgesundheitsministeriums zur Pflege, sagte Vogler: „Das hatten wir in der Form noch nie.“

Zufriedener im Beruf

Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll (SPD), begrüßte die angekündigte Reform ebenfalls. Wenn Pflegekräfte mehr Handlungsspielraum bekämen, diene dies der Versorgungsqualität und der Berufszufriedenheit gleichermaßen, erklärte sie.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, der, wie auch Krankenhausvertreter und die Kassenärzte an den Gesprächen im Bundesgesundheitsministerium teilgenommen hatte, betonte, Ärzte und Pflege seien auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen. Bisher hätten sich beide Seiten oft misstrauisch gegenübergestanden. „Die Notwendigkeit der Reform steht nicht in Frage“, sagte Reinhardt. Zustimmung kam auch von Krankenkassen wie etwa der AOK.

Der Katholische Krankenhausverband Deutschland begrüßte die Vorschläge. Verbandsgeschäftsführerin Bernadette Rümmelin, sagte, für eine hochwertige Patientenversorgung und attraktive Arbeitsbedingungen in der Pflege im Krankenhaus sei es notwendig, „den Pflegefachpersonen den Handlungsspielraum zu geben, den sie schon jetzt ausfüllen können. Das vorliegende Kurzpapier ist ein guter und wichtiger Schritt auf diesem Weg.“

Bettina Markmeyer