sozial-Recht

Bundesarbeitsgericht

Passgenaue Krankschreibung bis zum Ende der Kündigungsfrist darf bezweifelt werden



Erfurt (epd). Ein Arbeitgeber darf laut einem aktuellen Urteil eine pünktlich bis zum Ende eines Arbeitsverhältnisses dauernde Arbeitsunfähigkeit durchaus anzweifeln. Der Beweiswert der ärztlich bescheinigten Krankschreibung könne erschüttert sein, wenn die Arbeitsunfähigkeit „passgenau“ bis zum Ende der Kündigungsfrist reiche und der Arbeitnehmer im Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis aufnehme, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 13. Dezember in Erfurt.

Geklagt hatte ein 26-Jähriger, der seit dem 16. März 2021 als Helfer bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt war. Am 2. Mai 2022 legte er seinem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Der Arzt hatte bei ihm einen akuten Atemwegsinfekt festgestellt. Noch am selben Tag kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich bis zum 31. Mai 2022. Der Beschäftigte legte daraufhin zwei weitere Folgebescheinigungen über seine Arbeitsunfähigkeit vor, ebenfalls wegen eines akuten Atemweginfektes und zuletzt auch wegen Stress. Die Krankschreibung lief passgenau bis zur Kündigungsfrist am 31. Mai 2022. Einen Tag später war der Kläger arbeitsfähig und nahm ein neues Arbeitsverhältnis auf.

Arbeitgeber lehnte Lohnfortzahlung ab

Der Arbeitgeber lehnte eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ab. Der Beschäftigte sei offenbar nicht wirklich krank gewesen. Dafür spreche, dass die Arbeitsunfähigkeit genau bis Ende der Kündigungsfrist bescheinigt wurde und der Arbeitnehmer nur einen Tag später eine neue Beschäftigung angefangen habe, so das Unternehmen.

Das BAG urteilte, dass es keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit nur bei der ersten Krankschreibung gebe. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nichts von der beabsichtigten Kündigung gewusst. Dagegen sei der Beweiswert der beiden Folgekrankschreibungen erschüttert.

Dafür spreche der Zusammenhang zwischen passgenauer Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist sowie die Tatsache, dass der Kläger nur einen Tag später eine neue Beschäftigung aufgenommen habe. In solch einem Fall könne der Arbeitnehmer verpflichtet sein, Zweifel an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszuräumen. Das Landesarbeitsgericht Hannover müsse daher noch einmal prüfen, ob tatsächlich eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, so das BAG.

Az.: 5 AZR 137/23