

Berlin (epd). Die Ampel-Koalition hat sich nach wochenlangen Verhandlungen darauf geeinigt, im kommenden Jahr die Schuldenbremse einzuhalten. Sie will die Finanzlücke im Bundeshaushalt 2024 durch Einsparungen schließen. Man habe sich darauf verständigt, die bislang fehlenden 17 Milliarden Euro zu erwirtschaften, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 13. Dezember in Berlin nach einer mit Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erzielten Einigung.
Man müsse mit weniger Geld auskommen, um gesteckte Ziele zu erreichen, sagte Scholz. Als zentrale Ziele nannte er den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft, den sozialen Zusammenhalt sowie die zivile und militärische Unterstützung der Ukraine.
Mehrere Sozialverbände äußerten sich skeptisch, ob es nicht doch zu Einsparungen im Sozialen und damit ihrer Arbeit kommen werde. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen, erklärte: „Offen ist, in welchen Ressorts was konkret gekürzt worden ist. Für uns als Wohlfahrtsverband stellt sich die dringliche Frage, was ist mit den Freiwilligendiensten, was ist mit der Migrationssozialarbeit, mit der Unterstützung von Sozialverbänden oder wie sieht es mit Einsparungen bei Sozialtransfers aus? Das Mindeste, was wir erwartet hätten, wäre eine sofortige Aufhebung der aktuellen Haushaltssperre für die sozialen Dienste gewesen.“
Inwiefern im Sozialen gekürzt wird, blieb zunächst offen. Bundesfinanzminister Lindner (FDP) sagte, es werde „keine Reduzierung von sozialen Standards geben“. Es gehe um Einsparungen im Bereich des Bundesarbeitsministeriums. Durch mehr „Treffsicherheit“ im Bereich Arbeitsmarkt könnten 1,5 Milliarden Euro eingespart werden. Einzelheiten wurden auch auf Nachfrage nicht genannt. Zu hören war, dass der Steuerzuschuss des Bundes zur Rentenversicherung sinken soll.
Der Etat des Familienministeriums soll im kommenden Jahr indes nicht gekürzt werden. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nannte es eine gute Nachricht, „dass mein Haushalt und damit das Fördervolumen von Projekten meines Hauses nicht gekürzt werden“. Paus versicherte, die Weiterförderung von Projekten wie „Demokratie Leben!“ oder des Kinder- und Jugendplans im bisher geplanten Umfang sei damit möglich.
VdK-Chefin Verena Bentele rügte, die Bundesregierung habe noch zu wenig Konkretes zu den Einsparungen gesagt. „Aber 1,5 Milliarden Euro bei Sozialausgaben zu sparen, ist nicht das richtige Zeichen.“ Wer am Sozialen spare, sende keine Botschaft für Zusammenhalt und für echte Armutsbekämpfung. „Ob Geflüchtete aus der Ukraine jetzt durch treffsichere Maßnahmen dem Arbeitsmarkt schneller zur Verfügung stehen können und so Einsparungen möglich sind, ist eine ungewisse Wette auf die Zukunft“, so Bentele
Auch beim CO2-Preis zu den Beschlüssen der großen Koalition zurückzukehren, sei wenig sozial. Bentele: „Die Einführung des Klimageldes ist nun dringender denn je. Nur so kann verhindert werden, dass durch eine immer weitere Erhöhung des CO2-Preises die Bekämpfung des Klimawandels auf dem Rücken der Menschen mit wenig Einkommen ausgetragen wird.“
Auch die Caritas betonte die Notwendigkeit des angekündigten Klimageldes. „Es ist unabdingbar, dass für die angekündigte Anhebung des CO2-Preises, die eine wirksame Klimapolitik befördert, soziale Ausgleichsmaßnahmen gefunden werden“, sagte Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa: „Denn gefordert ist jetzt mehr denn je eine nachhaltige Klimasozialpolitik.“
Hans-Jürgen Urban, für Sozialpolitik verantwortliches geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, sagte, soziale Sicherheit und Nachhaltigkeit seien kein Luxus, „sondern eine Notwendigkeit. Statt die Zwänge der Schuldbremsen zu überwinden, droht der Sozialstaat zur Verhandlungsmasse zu werden“. Beim Bürgergeld drohten wieder mehr Druck und weniger Chancen. Wer Sanktionen in den Haushalt einplane, „öffnet die Tür zu willkürlichen Kürzungen beim Bürgergeld. Wer Bürgergeld empfangen muss, darf nicht noch einer Spar-Willkür ausgesetzt werden“, so Urban.