Berlin, München (epd). Die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP haben sich abschließend über das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis verständigt. Es wird derzeit im Bundestag beraten und kann nun demnächst mit den Stimmen der Koalition verabschiedet werden. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 27. November in Berlin, es sei in den Verhandlungen gelungen, „praktikable Regelungen zu finden, die den Jugend- und Gesundheitsschutz gewährleisten und die Entkriminalisierung von erwachsenen Konsumierenden Wirklichkeit werden lassen“.
Bayern lehnt die Teillegalisierung von Cannabis weiterhin ab. Wenn der jeweilige Gesetzesentwurf vorliege, werde der Freistaat prüfen, „ob wir uns rechtlich noch dagegen wehren können“, sagte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) zu den Plänen der Ampel-Koalition im Bund. In einer am 29. November von BR24 ausgestrahlten Berichterstattung kündigte Gerlach zudem an, die Kontrollen bei einer Umsetzung des Gesetzes „maximal restriktiv auszulegen“.
Kappert-Gonther zufolge, die stellvertretende Vorsitzende im Gesundheitsausschuss des Bundestags ist, wurde die erlaubte Menge Cannabis aus dem Eigenanbau von drei Pflanzen auf 50 Gramm erhöht, was dem möglichen Ertrag entspricht. Cannabis-Konsumenten sollen als „geringe Menge“ bis zu 30 Gramm mit sich führen dürfen, ohne bestraft zu werden, obwohl die Besitzgrenze bei 25 Gramm liegt. Zwischen 25 und 30 Gramm begehen sie eine Ordnungswidrigkeit, ab 30 Gramm machen sie sich strafbar. Eine ähnliche Regelung wurde für die Aufbewahrung zu Hause gefunden.
Kappert-Gonther sagte, das Gesetz sei ein Paradigmenwechsel, für den sich viele Menschen jahrzehntelang eingesetzt hätten: „Von nun an wird niemand mehr wegen des Konsums von Cannabis kriminalisiert“, betonte die Grünen-Politikerin. Die drogenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Kristine Lütke, sagte dem epd, man habe „eine Regelung geschaffen, die keine harte Bruchkante zwischen Legalität und Strafbarkeit für Konsumentinnen und Konsumenten darstellt“. Der Besitz von einem Gramm zu viel führe nicht gleich zur Strafverfolgung. Auf der anderen Seite werde man Kinder und Jugendliche besser schützen, indem die Strafen für Dealer verschärft würden, betonte Lütke.
Zu den einvernehmlichen Änderungen am Entwurf des Cannabis-Gesetzes zählt auch, dass Konsumverbote nur im Umkreis von 100 Metern zu Kinder- und Jugendeinrichtungen ausgesprochen werden sollen, um Kontrollen durch die Polizei zu vereinfachen. Zunächst waren Abstände von 200 Metern vorgesehen. Bis zum Frühling soll das Bundesverkehrsministerium einen neuen THC-Grenzwert im Straßenverkehr festlegen. THC ist der berauschende Wirkstoff von Cannabis.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den Entwurf vorgelegt. Er war bei der ersten Beratung im Bundestag von der Opposition und auch von Sachverständigen in vielen Punkten kritisiert worden. Geplant sind eine Teillegalisierung des Cannabis-Konsums für Erwachsene ab 18 Jahren und die Erlaubnis zum Anbau der Pflanzen in Vereinen, den Cannabis-Clubs. Polizei und Justiz machen die Überprüfung der zahlreichen Kontroll-Regeln für die Clubs und den privaten Konsum Sorge.
Die gesundheitspolitischen Sprecher der Ampel-Fraktionen, Heike Baehrens (SPD), Janosch Dahmen (Grüne) und Andrew Ullmann (FDP) erklärten nach der Einigung der Koalitionäre, das Dealen mit Cannabis bleibe verboten und die Abgabe an Kinder und Jugendliche werde rigoros verfolgt. Aber die bisherige Politik habe gezeigt: Ein Verbot von Cannabis wirke nicht. Mit der Reform erkenne die Ampel-Koalition die gesellschaftliche Realität an, erklärten die drei Sprecher. „Deshalb wird privater Anbau zum Eigenkonsum und der gemeinschaftliche Eigenanbau sowie die Weitergabe von Cannabis in Anbauvereinen an Erwachsene zum Eigenkonsum erlaubt.“ Gleichzeitig stärke man die Prävention und sorge für einen effektiven Kinder- und Jugendschutz.
Die Ampel-Partner hatten mehr angekündigt, als sie jetzt umsetzen. Cannabis sollte in lizensierten Geschäften verkauft werden können. Das soll zunächst nur im Rahmen von Modellversuchen in einzelnen Regionen ausprobiert werden. Das Gesetz soll im kommenden Jahr in Kraft treten, allerdings nicht mehr zu Beginn des Jahres, wie eigentlich geplant. Der Bundestag muss das Gesetz inklusive der Änderungen noch beschließen.