sozial-Branche

Inflation

Caritas: Die Menschen sparen an der Ernährung und bei der Energie




Die Heizkosten sind für viele Bürger zu hoch.
epd-bild/Anke Bingel
Die hohe Inflation treibt die Bürger in die Sozialberatung. Jeder dritte Klient ist erwerbstätig. Die Energiekosten überfordern fast jeden Bürgergeldbezieher in der Schuldnerberatung. Die Caritas betont die Bedeutung eines stabilen sozialen Netzes.

Berlin (epd). Jeder dritte Hilfesuchende in der Sozialberatung der Caritas hat nach den Angaben des katholischen Wohlfahrtsverbandes ein eigenes Erwerbseinkommen. „Ein Arbeitsplatz schützt längst nicht immer vor existenziellen finanziellen Sorgen“, sagte Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, am 22. November in Berlin bei der Vorstellung der Ergebnisse der jährlichen Erhebung in den 478 Caritas-Stellen der Allgemeinen Sozialberatung (Stichtag: 21. September). Mehr als die Hälfte der Hilfesuchenden (53,5 Prozent) gab in der Umfrage an, sie sparten an der Ernährung. 45,5 Prozent schränkten sich beim Energieverbrauch und 39,9 Prozent beim Wohnen ein.

„Ein guter Sensor für die Nöte“

Die Allgemeinen Beratungsstellen sind laut Caritas eine erste und oft die einzige Anlaufstelle für Ratsuchende und somit „ein guter Sensor für die Nöte und Probleme, die die Menschen in Deutschland gerade haben“. Finanzielle Sorgen seien der Hauptgrund für das Aufsuchen einer Sozialberatung. Aus den Ergebnissen der diesjährigen Abfrage lasse sich ablesen: Steigende Preise für Energie verschärfen die Probleme von armutsgefährdeten Haushalten spürbar. Bei der Erhebung wurden nach den Angaben 2.458 Fälle erfasst und ausgewertet.

Für Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa ist klar: Wenn die Preise etwa für den Schulbedarf der Kinder drastisch nach oben gehen, „passen Einkommen und Ausgaben plötzlich nicht mehr zusammen“. Große Teile der Bevölkerung seien auf Hilfe und Begleitung angewiesen. Dies sei „ein deutlicher Hinweis auf die Bedeutung eines stabil geknüpften sozialen Netzes“, sagte Welskop-Deffaa.

Wie in den vergangenen Jahren sind nach den Angaben mehr als die Hälfte der Ratsuchenden in der Allgemeinen Sozialberatung Frauen (62,3 Prozent). Auffällig findet die Caritas den Anteil junger Männer: 33 Prozent der männlichen Ratsuchenden seien unter 30 Jahre alt. Hier bildeten existenzielle Sorgen als Folge der Inflation das Hauptproblem. Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden insgesamt (52,1 Prozent) habe einen Migrationshintergrund. Von den Ratsuchenden mit Migrationshintergrund verfüge mehr als ein Drittel (35,5 Prozent) über ein eigenes Erwerbseinkommen.

Stromkosten: Hauptproblem der Bürgergeldbezieher

Finanzielle Probleme seien für Menschen meist der erste Anlass, Rat zu suchen. Nicht selten zeige sich im Gespräch ein Bedarf für weitergehende Hilfen wie Sucht- oder Schuldnerberatung, Erziehungshilfen, psychosoziale Dienste oder pflegerische Unterstützung.

In den Schuldnerberatungsstellen der Caritas sind nach weiteren Umfragen des Verbandes hohe Strom- und Heizkosten das Hauptthema. „Von 99 Prozent der Hilfesuchenden, die Bürgergeld erhalten, werden in der Schuldnerberatung Stromschulden thematisiert. Bei 88 Prozent der Bezieher von Bürgergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag geht es in der Beratung um Schulden bei Heizkosten“, teilte die Caritas mit. Das ist eine enorme Steigerung zum Vorjahr: 2021 lagen die Vergleichswerte nach Angaben der katholischen Wohlfahrt bei Strom bei 54 Prozent und bei den Heizkosten bei 41 Prozent.

„In Zeiten steigender Konsumgüterpreise ist die zeitnahe Anpassung der Transferzahlungen unabdingbar“, sagte Welskop-Deffaa. Gleichzeitig müssten die Erfahrungen aus dem Stromspar-Check für einkommensarme Haushalte zur Grundlage gezielter Beratungsangebote gemacht werden. „Wenn die Energiepreise in der Folge von Krieg und Klimaschutzerwägungen steigen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Vermietern und Mietern, damit Energiesparen für alle gelingt“, forderte die Verbandspräsidentin.

Markus Jantzer