sozial-Branche

Finanzen

Finanzielle Schieflagen bei Sozialträgern nehmen zu



Die wirtschaftliche Lage bei den Sozialträgern spitzt sich zu. Zum ersten Mal hat nun ein Diakonisches Werk in Bayern Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Es könnten weitere folgen.

Passau (epd). Im Sommer dieses Jahres läutete die Diakonie Bayern die Alarmglocke. Nun ist die Prognose zum ersten Mal Realität geworden: Das Diakonische Werk Passau mit 75 Beschäftigten hat beim Amtsgericht Passau eine Insolvenz in Eigenverwaltung eingeleitet. Das Amtsgericht Passau habe das Verfahren bereits stattgegeben, sagte die geschäftsführende Vorständin Sabine Aschenbrenner dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 8. November.

Die Gründe seien vielfältig: In den vergangenen Jahren seien in den Arbeitsbereichen steigende Ausgaben auf die Diakonie zugekommen, „die oft nicht von den Zuschussgebern refinanziert wurden“, erläuterte sie. Darunter fielen vor allem steigende Kosten im Personalbereich, Energiepreispauschalen und sonstige Zuschüsse, die den Mitarbeitenden zu zahlen waren.

Unzureichende Finanzierung

Zudem habe die Diakonie Passau „große Summen an Eigenmitteln“ für Aufgaben ausgegeben, die der Staat an den Sozialträger delegiert habe, „ohne diese auszugleichen“, sagte Aschenbrenner weiter. Das Diakonische Werk Passau ist der erste Träger innerhalb der Diakonie-Landschaft in Bayern, der ein Insolvenzverfahren einleitet. Weitere könnten folgen.

Auch mehrere andere Sozialwerke stünden vor einer „wirtschaftlich extrem schweren Situation“, sagte Daniel Wagner, Sprecher der Diakonie Bayern. Die Werke hätten nicht nur mit gestiegenen Kosten im Energiebereich und steigender Inflation zu kämpfen. Auch die Betriebs- und Investitionskosten liefen weiter, während zugleich die Zuschüsse wegen Personalmangels ausblieben. Die Träger versuchten, sich den neuen Herausforderungen zu stellen: „In vielen Fällen wird eine Sanierung auch gelingen, aber nicht in allen.“

Umstrukturierung und Sanierung

Die Diakonie Passau will den Angaben zufolge ihren Betrieb retten. „Das sind wir unseren Klienten und Patienten schuldig“, sagte die geschäftsführende Diakonie-Vorständin. Zigtausende Menschen werden demnach pro Jahr mit Beratungen, Pflege und Gesprächen versorgt. Deshalb sei der Weg der Insolvenz in Eigenverwaltung eingeschlagen worden, um ein Sanierungsverfahren einzuleiten, sagte Aschenbrenner, die während des Verfahrens im Amt bleibt. Eine externe Beratungsfirma unterstützte den Träger bei den Umstrukturierungsmaßnahmen. Mittlerweile liege auch ein erster Sanierungsplan vor, der in den kommenden Monaten zügig umgesetzt werden soll.

Die Chancen stünden „sehr gut, aus dieser Krise wieder gestärkt hervorzugehen“, sagte der beauftragte Sanierungsexperte Klaus Ziegler. Auch der evangelische Passauer Dekan, Jochen Wilde, der zugleich Diakonie-Aufsichtsratsvorsitzender ist, zeigte sich angesichts der Insolvenz optimistisch: „Kirche und Diakonie wollen gemeinsam für die Menschen da sein - dies wird auch in Zukunft gelingen.“

Das Diakonische Werk Passau unterhält unter anderem soziale und ambulante Pflegedienste, Schuldner- und Insolvenzberatung, Eheberatungsstellen, einen sozialpsychiatrischen Dienst sowie Flüchtlingsberatungsstellen. Rund 3,7 Millionen Euro beträgt das jährliche Haushaltsvolumen. Das evangelische Werk betreibt Außenstellen in Hauzenberg, Vilshofen, Pocking, Simbach und Eggenfelden. Das Tätigkeitsgebiet umfasst den Dekanatsbezirk Passau zwischen Grafenau im Bayerischen Wald und Gangkofen im Rottal.

Gabriele Ingenthron