Frankfurt a. M. (epd). Nach dem Väterreport 2023 verändern sich die Rollenbilder junger Eltern immer mehr. Demnach ist mehr als die Hälfte der Väter der Meinung, dass kleine Kinder genauso gut von ihrem Vater wie von ihrer Mutter betreut werden könnten. Jedoch: Obwohl jeder zweite Mann die Kinderbetreuung paritätisch zwischen sich und seiner (Ehe-)Partnerin aufteilen will, ist dies nur bei jedem Fünften tatsächlich der Fall.
Woran liegt das? In den Augen der Soziologin Nina Weimann-Sandig von der Evangelischen Hochschule in Dresden fehlt es an den richtigen politischen Weichenstellungen. „Die Familienpolitik ist zu wenig darauf ausgerichtet, den Vätern den Umfang von Care-Arbeit zu ermöglichen, den wir immer von ihnen fordern“, kritisiert Weimann-Sandig.
Auch festgefahrene gesellschaftliche Rollenbilder seien ein Problem. „Geschlechtsspezifische Stereotype müssen hinterfragt werden. Hier muss sich etwas ändern“, fordert die Sozialforscherin. Gleiche Anteile an der Erwerbsarbeit wie ihr Partner befähige Mütter, Karriere zu machen, der Teilzeitfalle zu entgehen und sich selbst zu verwirklichen, auch neben dem Beruf. „Das ist die beste präventive Maßnahme, um Altersarmut vorzubeugen“, sagt Weimann-Sandig.
Dass es auch für Frauen von Vorteil sein kann, wenn Väter von Arbeitgebern und Kollegen als gleichberechtigte Elternteile angesehen werden, bekommt auch Esther Jumel-Rein zu spüren. „Mein Mann arbeitet in einer kleinen Firma. Sie sind es dort gewohnt, dass alle zu festen Zeiten im Büro sind“, sagt sie. Dass der Diplom-Ingenieur im Maschinen- und Anlagenbau nun am Donnerstag um 12:15 Uhr geht statt um 15:15 Uhr, sei für seine Vorgesetzten ein Problem.
„Mein Mann Tobias wollte die Zeit morgens über die Woche verteilt vorarbeiten, also früher anfangen. Nachdem es in der Firma keine Gleitzeit gibt, war es für sie ein weiteres Zugeständnis, ihn donnerstags drei Stunden früher gehen zu lassen“, sagt die Mutter zweier Kinder im Alter von zwei und fünf. Zudem müsse er von Deggendorf aus jeden Tag eine Stunde zur Arbeit pendeln. Eine Erlaubnis, im Homeoffice zu arbeiten, würde es ihm erleichtern, sich mehr bei der Erziehung seiner Kinder einzubringen.
Die Öffnungszeiten der Krippe stellen eine weitere Hürde dar. „Jetzt machen wir es so, dass mein Mann die Kinder donnerstags und freitags, wenn er schon mittags Feierabend macht, von Krippe und Kindergarten abholt und mit ihnen den Nachmittag gestaltet“, sagt sie. Nur so könne sie auf ihre Stunden als berufstätige Pfarrerin kommen und auch einen Tag in der Woche Zeit für sich haben. „Das ist mir wichtig, um mich von den Wochenenden zu erholen, die ja mit Kindern auch oft sehr fordernd sind“, sagt die 36-Jährige.
Eigentlich wollte sich das Ehepaar die Elternzeit hälftig teilen. Doch der 47-Jährige habe sich aufgrund des Arbeitsklimas in seiner Firma nicht getraut, danach zu fragen. „Er musste sich aber sehr wohl dumme Sprüche anhören wie: 'Ich dachte, wir hätten Männer angestellt. Jetzt wollen die wie Frauen plötzlich daheim bleiben'“, sagt Jumel-Rein. So nahm ihr Mann beim ersten Kind nur drei und beim zweiten nur fünf Monate Elternzeit.
„Dieses Denken, dass Kindererziehung die Sache der Frau ist, muss sich ändern. Ich als Mutter bin nicht allein dafür zuständig, die Kinder zu betreuen“, kritisiert Jumel-Rein. „Ich wünsche mir, dass es selbstverständlich wird, dass Väter die Hälfte der Elternzeit in Anspruch nehmen“, sagt sie. „Wir haben Kinder bekommen, um sie auch gemeinsam aufzuziehen.“ Das werde dem Ehepaar jedoch schwer gemacht.