Berlin (epd). Die Sorge vor finanziellen Belastungen dominiert aktuell die Ängste der Deutschen. Einer Umfrage zufolge sind die drei häufigsten Befürchtungen die Sorge vor steigenden Lebenshaltungskosten, gefolgt von der Furcht, dass das Wohnen unbezahlbar wird und dass der Staat dauerhaft Steuern erhöht oder Leistungen kürzt. Das geht aus der repräsentativen Umfrage „Die Ängste der Deutschen“ im Auftrag der R+V-Versicherung hervor, die am 12. Oktober in Berlin vorgestellt wurde.
Dafür wurden zwischen Juni und August rund 2.400 Männer und Frauen der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren persönlich befragt, davon 800 in Ostdeutschland. Demnach hat sich die Stimmung der Deutschen insgesamt verschlechtert. Der Angstindex, der den durchschnittlichen Wert aller gemessenen Ängste wiedergibt, stieg laut Umfrage gegenüber dem Vorjahr um drei Prozentpunkte auf 45 Prozent.
So fürchten zwei Drittel der Deutschen, dass die Lebenshaltungskosten weiter steigen. Die Angst vor steigenden Preisen landete mit 65 Prozent zum zweiten Mal in Folge auf dem ersten Platz der Studie. Im Vorjahr war diese Angst angesichts der höchsten Inflation seit rund 50 Jahren um 17 Prozentpunkte auf 67 Prozent hochgeschnellt.
Die Politikwissenschaftlerin an der Marburger Universität, Isabelle Borucki, sagte als Beraterin der Studie: „Die Menschen fühlen sich in ihrer Existenzgrundlage bedroht und sehen ihren Lebensstandard gefährdet. Das schürt Abstiegsängste.“
Auf Platz zwei der Top-Ängste steht, dass Wohnen unbezahlbar wird (60 Prozent). „Hier ist der Staat in der Pflicht - das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht“, sagte Borucki. 57 Prozent befürchten, dass der Staat dauerhaft Steuern erhöht oder Leistungen kürzt, Platz drei der Studie. Angesichts der öffentlichen Debatte über Sparpläne habe diese Sorge „einen ganz realen Hintergrund“, unterstrich Borucki.
Am deutlichsten gestiegen ist die Sorge, dass die Zahl der Geflüchteten die Deutschen und ihre Behörden überfordert. Sie legte im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozentpunkte zu (56 Prozent, Platz vier). Auffällig sei dabei, dass diese Angst erstmals im Westen größer sei als im Osten. Die Befragten hätten Angst, „dass die Integration nicht gelingt“, sagte Borucki.
Eine ähnliche Steigerung um zehn Prozentpunkte zeige sich bei der Angst, dass das Zusammenleben zwischen Deutschen und den hier lebenden Migrantinnen und Migranten durch weiteren Zuzug von Menschen aus dem Ausland beeinträchtigt wird. Sie liegt mit 47 Prozent auf Platz zwölf (2022: 37 Prozent, Platz 16).
Dennoch blieben beide Sorgen deutlich unter ihren Höchstwerten von 2016. Damals fürchteten zwei von drei Befragten, dass der Staat überfordert ist und es durch weiteren Zuzug von Ausländern zu Spannungen kommt.
Heute denkt jeder Zweite (51 Prozent), dass die Politiker von ihren Aufgaben überfordert sind (Platz sechs; 2022: Platz zehn). Im Schnitt erhalten die Politiker die Schulnote 3,9 (2022: 3,7).
Die Angst vor den Folgen des Klimawandels landete auf Platz zehn, die Sorge vor Naturkatastrophen auf Platz elf (jeweils 47 Prozent). Dabei ist die Angst vor dem Klimawandel in Ostdeutschland weniger ausgeprägt als im Westen.