Kassel (epd). Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Anerkennung einer Harnblasenkrebserkrankung als Berufskrankheit nach einer jahrelangen Einwirkung krebserregender Stoffe im Beruf erleichtert. Gibt es keine anderen festgestellten außerberuflichen Ursachen für die Krebserkrankung, kann es allein auf die bestehende abstrakte Gefahr ankommen, dass ein Beschäftigter im Beruf krebserregenden Stoffen ausgesetzt war, urteilten die Kasseler Richter am 27. September. Die Anerkennung als Berufskrankheit sei auch dann möglich, wenn der Arbeitnehmer jahrelang Raucher gewesen war.
Im konkreten Fall arbeitete der Kläger von 1998 bis 2013 als Schweißer in einem Unternehmen, das Großkücheneinrichtungen herstellte. Beim Schweißen musste er unter anderem Schweißnähte auf Risse prüfen. Dabei verwendete er sogenannte azofarbhaltige Sprays, die den krebserregenden Stoff o-Toluidin enthielten.
Als bei dem Mann 2014 eine Harnblasenkrebserkrankung diagnostiziert wurde, führte er dies auf den berufsbedingten Umgang mit dem krebserregenden Stoff zurück. Er beantragte die Anerkennung einer Berufskrankheit und wollte sich so Rentenzahlungen sichern.
Die Berufsgenossenschaft Holz und Metal lehnte die Anerkennung der Berufskrankheit ab. Die Ursache der Erkrankung sei nicht geklärt. Es kämen auch außerberufliche Ursachen in Betracht. So habe der Kläger im Durchschnitt 15 Jahre lang täglich eine Packung Zigaretten geraucht. Ein beruflicher Zusammenhang sei nicht belegt.
Das Landessozialgericht Stuttgart wies den Kläger ab. Zwar hatte ein Gutachter keine außerberuflichen Ursachen für die Harnblasenkrebserkrankung festgestellt. Auch der Nikotinkonsum liege viele Jahre zurück. Dennoch sei nicht bewiesen, dass die berufliche Tätigkeit die Erkrankung verursacht habe.
Das BSG gab jetzt dem Kläger recht. Der Sachverständige habe jegliche außerberuflichen Ursachen ausgeschlossen - und zwar auch den Jahre zurückliegenden Nikotinkonsum. Auch gebe es im Streit keine festgelegten Grenzwerte, ab welcher Einwirkung mit dem krebserregenden Stoff eine Berufskrankheit vorliegen könne. In diesem Fall reiche die bestehende abstrakte Gefährdung für die Anerkennung einer Berufskrankheit aus, entschied das BSG.
Az.: B 2 U 8/21 R