sozial-Recht

Bundessozialgericht

Elterngeld Plus auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit




Vater mit Neugeborenem im Kinderwagen
epd-bild/Simon Malik/privat
Länger krank zu sein, darf sich nicht auf den Elterngeld-Plus-Anspruch während der Partnerschaftsbonusmonate auswirken. Denn auch bei einer Arbeitsunfähigkeit liegt eine "Erwerbstätigkeit" vor, so dass Elterngeld Plus gezahlt werden muss, entschied das Bundessozialgericht.

Kassel (epd). Frisch gebackene Eltern sollen nach dem Willen des Gesetzgebers mit dem Erhalt von Elterngeld Plus Teilzeitarbeit und Kinderbetreuung besser unter einen Hut bringen können. Teilen sich beide Eltern gleichzeitig Arbeit und Betreuung, dürfen sie auch während der sogenannten Partnerschaftsbonusmonate längere Zeit arbeitsunfähig erkranken, ohne dass sie dann das Elterngeld Plus wieder zurückzahlen müssen, urteilte am 7. September das Bundessozialgericht (BSG). Eine vom Bundesfamilienministerium anderslautende entsprechende Richtlinie sei nicht bindend, betonten die Kasseler Richter.

14 Monate Basiselterngeld

Schultern Eltern mit der Geburt ihres Kindes neue finanzielle Lasten, hilft der Staat mit Elterngeld, etwa um Einbußen infolge einer unterbrochenen oder eingeschränkten beruflichen Arbeit abzumildern. Den Eltern stehen gemeinsam insgesamt 14 Monate Basiselterngeld zu, wenn sich beide an der Betreuung beteiligen. Die Sozialleistung kann ein Elternteil für mindestens zwei und höchstens zwölf Monate beanspruchen. Sie beträgt mindestens 300 Euro und höchstens 1.800 Euro monatlich, abhängig vom vorherigen Einkommen.

Um Teilzeitarbeit und Kindererziehung besser vereinbaren zu können, hatte der Gesetzgeber das Elterngeld Plus eingeführt. Dieses kann doppelt so lang beansprucht werden. Die Höhe ist dann aber auf die Hälfte des Basiselterngeldes beschränkt. Arbeiten beide Elternteile gleichzeitig zwischen 24 und 32 Wochenstunden und teilen sie sich die Kindererziehung auf, kann jeder bis zu vier weitere Elterngeld-Plus-Monate als Partnerschaftsbonus erhalten. Für vor dem 1. September 2021 geborene Kinder musste die Teilzeitarbeit der Eltern zwischen 25 und 30 Stunden betragen. Den Partnerschaftsbonus gab es dann nur für vier Monate.

Im Streitfall hatten auch Eltern aus Langenhagen bei Hannover auf das Elterngeld Plus vertraut. Um zusätzliche vier Monate als Partnerschaftsbonus erhalten zu können, hatte der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine Teilzeitarbeit von 30 und seine Frau von 25 Wochenstunden vereinbart. Die Betreuung ihres Kindes teilten sie sich auf.

Doch bereits nach einer Woche Elterngeld Plus-Bezugs erlitt der Vater eine Kniegelenksverletzung und war dreieinhalb Monate arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber zahlte sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, danach erhielt der Vater Krankengeld.

Krankengeldbezug ohne Einfluß

Die Elterngeldstelle der Stadt Langenhagen meinte, dass mit dem Krankengeldbezug der Vater keinen Anspruch mehr auf Elterngeld Plus habe. Die Behörde forderte für den Streitzeitraum die Sozialleistung wieder zurück, insgesamt über 640 Euro. Denn für den Elterngeld-Plus-Anspruch müsse eine Erwerbstätigkeit vorliegen. Das Bundesfamilienministerium habe in einer Richtlinie festgelegt, dass diese nur bis Ende der vom Arbeitgeber gewährten Lohnfortzahlung im Krankheitsfall besteht. Beim späteren Krankengeldbezug sei dies nicht mehr der Fall.

Das BSG gab dem klagenden Vater recht. Auch wenn das Bundesfamilienministerium in seiner Richtlinie anderes meint, sei dies nicht bindend. Der Kläger habe Anspruch auf vier weitere Monate Elterngeld Plus. Dieser sei wegen des Krankengeldbezugs weder entfallen noch gemindert. Für das Elterngeld Plus müsse zwar eine „Erwerbstätigkeit“ bestehen. Dies sei aber auch bei einer längeren Arbeitsunfähigkeit der Fall. Das Arbeitsverhältnis bestehe schließlich weiter fort, die konkrete Tätigkeit werde voraussichtlich wieder aufgenommen.

Auch wolle der Gesetzgeber mit dem Elterngeld Plus die Teilzeittätigkeit von Eltern während des Elterngeldbezugs wirtschaftlich absichern. Dieses Ziel werde jedoch nicht erreicht, wenn Zeiten des Krankengeldbezugs zu einer Rückforderung des Elterngeldes führten.

Tatsächliches Arbeitseinkommen entscheidend

Allerdings kann während des Elterngeldbezugs bei einer mehr als sechs Wochen andauernden Erkrankung das von der Krankenkasse gezahlte Krankengeld mindernd angerechnet werden, urteilte das BSG bereits am 18. März 2021. Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz sehe die Anrechnung sogenannter Lohnersatzleistungen vor. Zu diesen gehöre auch das Krankengeld. Dabei habe sich der Gesetzgeber im Interesse einer einheitlichen Regelung gegen eine Ausnahme für das Krankengeld entschieden. Lediglich 300 Euro Elterngeld pro Monat bleiben danach anrechnungsfrei.

Erhalten zudem Eltern innerhalb von zwölf Monaten vor der Geburt ihres Kindes noch eine Gehaltsnachzahlung, fällt das Elterngeld höher aus. Denn bei der Elterngeldberechnung ist es entscheidend, welches laufende Arbeitseinkommen ihnen in diesem Zeitraum tatsächlich zugeflossen ist, wie das BSG in einem am 27. Juni 2019 verkündeten Urteil entschied.

Az.: B 10 EG 2/22 R (BSG, Bonusmonate)

Az.: B 10 EG 3/20 R (BSG, Krankengeldanrechnung)

Az.: B 10 EG 1/18 R (BSG, Gehaltsnachzahlung)

Frank Leth