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"Ein männlicher Erzieher wird auch schon mal Papa genannt"




Max Klink, Leiterin Aida Kiflu und Maximilian Gockeler vor der Kita Killesberg
epd-bild/Matthias Pankau
In Kindertagesstätten sind 93 Prozent des pädagogischen Personals Frauen. Dabei sind auch männliche Bezugspersonen für Mädchen und Jungen Expertinnen und Experten zufolge wichtig.

Stuttgart (epd). „Max, Max“, hallt es freudig über den Flur der ökumenischen Kindertagesstätte Killesberg in Stuttgart. Wenig später schließt die sechsjährige Elisabeth Max Kling in die Arme. Er ist ihr Kita-Erzieher. Der 22-Jährige lernte nach dem Realschulabschluss zunächst Betreuer. Anschließend machte er eine dreijährige Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher. Damit ist er ein Exot.

2022 waren laut Statistischem Bundesamt deutschlandweit 57.904 männliche Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen tätig. Seit 2009 hat sich ihre Zahl damit zwar mehr als verdreifacht, nichtsdestotrotz ist die Anzahl der weiblichen Fachkräfte nach wie vor um ein Vielfaches höher: Im vergangenen Jahr arbeiteten knapp 673.000 Frauen im Bereich der Kinderbetreuung.

Vom Ingenieur zum Kita-Erzieher

Für Max war immer klar, dass er Pädagoge werden würde, sagt er. Seine Kindergärtnerin habe ihn geprägt. Nicht ganz so klar war das für seinen Kollegen Maximilian Gockeler, der ebenfalls als Erzieher in der Kindertagesstätte Killesberg arbeitet. Der 31-Jährige studierte zunächst Ingenieurswesen und arbeitete auch in dem Bereich. „Man überlegt sich ja schon, welcher Beruf gesellschaftlich angesehen ist und was man verdient“, sagt er. Dann habe er aber gemerkt, dass ihn Geld und Status nicht glücklich machten. „Ich wollte etwas tun, wovon die Gesellschaft profitiert.“ Und was könnte da besser sein, als Kinder in ihren ersten Lebensjahren zu begleiten, dachte er sich. Also ließ er sich zum Erzieher ausbilden.

Max Klink und Maximilian Gockeler gehören zu einer Minderheit, die für Kindergartenkinder Fachleuten zufolge wichtig ist. So ergab die Studie „Männliche Fachkräfte in Kindertagesstätten“ im Auftrag des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2015, dass männliche Erzieher gerade für Jungs wichtige Rollenvorbilder sind. An ihnen könnten sie sich reiben und dadurch reifen. Männer bringen der Studie zufolge zudem andere Interessen und Sichtweisen mit als ihre Kolleginnen. Und schließlich lebten gemischte Kindergarten-Teams den Kindern vor, wie Männer und Frauen miteinander umgehen.

Keine Ersatzväter

Als Ersatzväter sehen Klink und Gockeler sich nicht. „Aber natürlich entsteht ein Vertrauensverhältnis und man wird auch schon mal Papa genannt“, erzählt Maximilian Gockeler. Beide empfinden es als Vorrecht, Kinder in ihren ersten Lebensjahren begleiten und positiv prägen zu dürfen. Leider spiegele sich diese Verantwortung nicht in der Bezahlung wider. Das Gehalt für Erzieherinnen und Erzieher liegt laut Lohnspiegel beim Einstieg bei durchschnittlich 2.650 Euro pro Monat. Viele seiner Freunde würden da abwinken, meint Klink. „Wer den Mann noch in der klassischen Rolle des Ernährers sieht, muss da passen.“

Das sieht auch Aida Kiflu so. Die 39-Jährige leitet die Stuttgarter Einrichtung in Trägerschaft der evangelischen und der katholischen Kirche, hat Personalverantwortung für 32 Angestellte. „Jemand bei Porsche oder Mercedes ohne Personalverantwortung verdient mit Sicherheit mehr“, sagt sie. Ihr gehe es nicht in erster Linie ums Geld, sondern um die Anerkennung und Wertschätzung dessen, was in den Kindergärten tagein, tagaus geleistet werde und wovon die gesamte Gesellschaft profitiere: „Die Eltern bringen ihre Kinder jeden Morgen zu uns. Und nach fünf Jahren nehmen sie gereifte Persönlichkeiten wieder mit.“

Matthias Pankau