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Geplante Unterhaltsreform: Was Betroffene befürchten




Alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern
epd-bild/Maike Glöckner
Justizminister Buschmann plant eine Reform des Unterhaltsgesetzes. Demnach sollen unterhaltspflichtige Elternteile weniger als derzeit zahlen müssen, wenn sie ihr Kind intensiv betreuen. Was Betroffene beider Seiten nun befürchten.

Berlin (epd). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat mit seiner Ankündigung, das Unterhaltsrecht zu reformieren, viele Eltern nervös gemacht. Betroffen sind vorwiegend Trennungsfamilien. Demnach sollen unterhaltspflichtige Elternteile, in den meisten Fällen Väter, weniger Unterhalt zahlen müssen, wenn sie sich mehr bei der Betreuung einbringen.

Berechnung nach Anzahl der Übernachtungen

Jetzt sind Eckpunkte der geplanten Reform bekannt - und sie treffen auf Kritik. Konkret sollen Elternteile profitieren, die zwischen 30 und 49 Prozent der Kinderbetreuung übernehmen. Aktuell müssen jene Elternteile noch den vollen Unterhalt zahlen. Die Höhe der Entlastung wird individuell berechnet und richtet sich vorwiegend nach dem Einkommen beider Elternteile.

„Es muss einen Unterschied machen, ob sich jemand kaum oder zu einem gehörigen Anteil an der Kinderbetreuung beteiligt“, argumentiert Buschmann. Der Anteil der Betreuungsleistung soll nach der Anzahl der Übernachtungen berechnet werden. Nur falls keine Übernachtungen stattfinden und lediglich tagsüber betreut wird, müsse ein anderes Kriterium gefunden werden. Für Alleinerziehende, die weiterhin den überwiegenden Teil der Betreuung übernehmen, soll sich finanziell nichts ändern.

Die geplante Reform stößt auf Kritik. Heidi Thiemann von der Stiftung Alltagsheld:innen, die sich für die Rechte von Alleinerziehenden einsetzt, kritisiert: „Wir finden das überhaupt nicht fair. Schon jetzt ist jedes zweite Kind in einer Ein-Eltern-Familie von Armut betroffen, wenn jetzt noch weniger Unterhalt reinkommt, ist das wirklich sehr unfair für die Kinder.“

Mütter in der Teilzeitfalle

Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) schlägt Alarm. Bundesvorsitzende Daniela Jaspers sieht die Gefahr, dass sich das Armutsrisiko von Alleinerziehenden und ihren Kindern weiter verschärfen wird. Ihre Begründung: „Nach einer Trennung sitzen immer noch viele Mütter in der Teilzeitfalle und müssen mit Betreuungslücken jonglieren. Da hilft es wenig, tageweise mehr Zeit zu haben, selbst wenn die Mitbetreuung verlässlich im Alltag ist.“

In den sozialen Medien regt sich Kritik unmittelbar Betroffener. Eine alleinerziehende Mutter schreibt im Internetdienst X, vormals Twitter: „Es geht nicht nur um Kinderbetreuung, sondern um laufende Kosten.“ Die Ausgaben für Miete, Kleidung, Vereine und Schule würden nicht weniger werden, wenn sich das Kind an ein bis drei Tagen nicht im Haushalt befinde. Eine andere bezeichnet die Reformpläne im Internetdienst X als „Schlag ins Gesicht alleinerziehender Mütter“.

Die zwölfjährige Tochter entscheidet

Doch nicht nur Mütter haben Bedenken. Ein Vater, der sein Kind etwa zur Hälfte der Zeit betreut, teilte dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit: „Unsere mittlerweile zwölfjährige Tochter darf immer mehr selbst entscheiden, bei welchem Elternteil sie gerade sein möchte - ohne festes System. Man kann also gar nicht mehr genau sagen, wo sie wie viel Zeit verbringt.“

Der Vater, der anonym bleiben möchte, sieht in den Reformplänen die Gefahr, dass das gemeinsame Kind durch den hauptsächlich betreuenden Elternteil dem anderen vorenthalten werden könnte, damit weiterhin Geld in entsprechender Höhe fließe. „Durch die geplante Reform wird in zahlreichen Fällen der Streit um die Betreuungszeiten zunehmen“, befürchtet er.

Gemeinsame Kinderbetreuung nach der Trennung

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) begrüßt wiederum die Eckpunkte. „Sie tragen der sozialen Wirklichkeit Rechnung. Niemand kommt an der Tatsache vorbei, dass viele Mütter und Väter auch nach der Trennung gemeinsam betreuen“, sagte Verbandssprecher Josef Linsler dem epd mit und kritisiert: „Die Tatsache, dass bisher nur einer allein zahlt, obwohl er mitbetreut, ist ungerecht und respektlos.“ Seiner Meinung nach solle der Grundsatz gelten: Beide betreuen, beide bezahlen.

Eine Unterhalt zahlende Mutter habe ihm gesagt, ihr gingen die Reformpläne des FDP-Ministers nicht weit genug. „Ich werde dann höchstens 100 Euro weniger Unterhalt zahlen, obwohl ich meine beiden Kinder zu 38 Prozent betreue, das ist nicht mehr als eine Anerkennung. Meine Kosten sind da bei weitem nicht gedeckt“, habe sie ihm wörtlich gesagt.

Stefanie Unbehauen


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