Frankfurt a.M. (epd). Die geplante Zentralisierung der Geburtshilfe in besonders geeigneten Kliniken stößt auf überwiegenden Widerstand bei den Hebammenverbänden. Die Landesvertretungen des Deutschen Hebammenverbands (DHV) sehen Risiken für Schwangere und Neugeborene aufgrund längerer Fahrtwege, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) ergab. Eine flächendeckende Versorgung und kurze Anfahrtswege zu einer Klinik mit Kreißsaal müssten Priorität haben, sagte die baden-württembergische Verbandsvorsitzende Jutta Eichenauer. Die bayerische Hebammenverbands-Vorsitzende Mechthild Hofner warnte: „Jeder längere Transport ist für Frühgeborene extrem schädlich.“
Nach Einschätzung der Vorsitzenden des Brandenburger Hebammenverbands, Beatrice Manke, würde eine Zentralisierung außerdem nicht dazu führen, dass die verbleibenden Geburtshilfen besser mit Personal ausgestattet würden. „Wir wissen aus zahlreichen Gesprächen mit Klinikhebammen, dass diese dann eher in die Freiberuflichkeit gehen würden als in die nächstgelegene Klinik“, sagte sie.
Der Thüringer Landesverband verwies auf mögliche Planungsprobleme durch eine Zentralisierung. „Die Kinder, die durch fehlende Versorgung in Thüringen außerhalb der thüringischen Landesgrenzen geboren werden, fallen aus der Thüringer Geburtenstatistik heraus“, erläuterte Annika Wanierke, Vorsitzende des Thüringer Landesverbands. „So kann keine wirkliche Bedarfsermittlung mehr erfolgen und der Versorgungsbedarf wird verzerrt.“
Gemäß der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Klinikreform soll Geburtshilfe nur noch in Häusern angeboten werden, die in einem dreistufigen System mindestens die Qualitätsstufe 2 erbringen.
Forderungen nach Hebammenkreißsälen kamen aus Sachsen und Nordrhein-Westfalen. „Ganz normal verlaufende Geburten erfordern keine ärztliche Anwesenheit“, sagte Barbara Blomeier, Vorsitzende des Landesverbandes NRW.
In vielen Kreißsälen fehlen nach Angaben der Verbände derzeit Hebammen. Allerdings werde diese Personallücke statistisch nicht erfasst. Genau beziffern konnte sie nur der Bremer Landesverband. In den fünf Kreißsälen der Hansestadt seien derzeit 16 Vollzeitstellen unbesetzt. Nach Angaben der Vorsitzenden des Landesverbands der Hessischen Hebammen, Martina Klenk, haben vor allem die Krankenhäuser der Maximalversorgung große Probleme, freie Planstellen für Hebammen zu besetzen. Gründe dafür seien etwa unzureichende Vergütung und große Arbeitsverdichtung.
Die Kreißsäle sind nach Einschätzung der Landesverbände unattraktiv als Arbeitsplätze. Sie nannten einen geringen Anteil an originären Hebammentätigkeiten, eine starke ärztliche Dominanz der Geburtshilfe und unflexible Arbeitszeitmodelle als Ursachen, warum Hebammen häufig nicht in Krankenhäusern arbeiten wollen. In Rheinland-Pfalz müsse sich eine Geburtshelferin oft um drei oder sogar fünf gebärende Frauen gleichzeitig kümmern. In Schleswig-Holstein, so habe eine Umfrage ergeben, würden 140 Hebammen in die Kreißsäle zurückkehren, wenn sich die Arbeitsbedingungen dort verbesserten.
Ein Mangel an Geburtshelferinnen habe den Auskünften zufolge aber als alleiniger Grund nicht zu Schließungen von Kreißsälen geführt. Eine Schließung sei in der Regel auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen, erklärte Mechthild Hofner vom bayerischen Hebammenverband.
In der ambulanten Versorgung, also der Schwangerschafts- und Wochenbettbetreuung, gibt es offenbar große regionale Unterschiede. Der brandenburgische Hebammenverband meldete, es gebe Regionen mit einer großen Dichte von freiberuflichen Hebammen, aber vor allem in den ländlichen Gebieten sei die Versorgung „nicht flächendeckend gesichert“. In Bremen sei die Situation stark angespannt, sagte Christina Altmann, die Vorsitzende des dortigen Landesverbands: „Die Kolleginnen sind häufig ausgebucht bis Spätsommer nächsten Jahres.“ Der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern geht hingegen nach eigenen Angaben nicht von einem Hebammenmangel aus.