Hannover, Berlin (epd). Experten rechnen damit, dass bis 2025 rund 150.000 zusätzliche Pflegekräfte in Deutschland benötigt werden. Daher wirbt die Bundesregierung weiter um die Fachkräfte auch aus außereuropäischen Ländern. Anfang Juni reisten dafür Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach Brasilien.
Die Stiftung Patientenschutz übt Kritik: 2022 hätten nur 656 Pflegekräfte außerhalb der EU gewonnen werden können, davon 34 professionell Pflegende aus Brasilien, sagte Vorstandsmitglied Eugen Brysch. Laut der Bundesagentur für Arbeit stieg allerdings die Zahl der Pflegekräfte aus Nicht-EU-Ländern in den vergangenen fünf Jahren stetig, ihr Anteil an den ausländischen Pflegekräften habe sich von 48 Prozent auf 62 Prozent erhöht, während die Zuwanderung aus EU-Ländern gesunken sei.
Pflegekräfte aus Drittstaaten werden unter anderem über das Programm der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, „Triple Win“, angeworben. Durch das staatliche Vermittlungsverfahren sollen „unerwünschte Nebeneffekte“ wie Lohndumping oder Verschuldung der Pflegekräfte vermieden werden, heißt es in der Programmbeschreibung von „Triple Win“. Die Fachkräfte sollten beim gesamten Migrationsprozess begleitet werden.
Das Bundesarbeitsministerium in Berlin listet eine Reihe von Projekten auf, mit denen die Bundesregierung „modellhafte Ansätze zur beruflichen, sprachlichen und soziokulturellen Integration“ erprobe, sagt eine Sprecherin. Dazu zähle ein Online-Praxishandbuch, das im vergangenen Jahr rund 1.400 Zugriffe zählte, oder auch eine Migrationsberatung an rund 1.400 Standorten. Bei einem kostenfreien E-Learning-Tool hätten sich seit dem Start im Mai 220 Nutzer angemeldet. Angeworbene Mitarbeitende sollen so unterstützt werden, sich in ihrem neuen Arbeitsalltag und Lebensumfeld zurechtzufinden, um sie dauerhaft für den Arbeitsmarkt zu gewinnen.
Für die privatwirtschaftliche Anwerbung von Pflegefachpersonal aus Drittstaaten durch Kliniken oder Agenturen hat das Bundesgesundheitsministerium das Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ geschaffen. Demnach sollen die Fachkräfte mit inländischen Arbeitnehmern gleichgestellt und beim Spracherwerb und der Berufsanerkennung unterstützt werden. Auch muss die Anwerbung kostenfrei sein. Laut Arbeitsforscher Lebrenz reicht das freiwillige Siegel nicht aus. Einrichtungen zahlten bis zu 10.000 Euro an Agenturen für eine Vermittlung und auch die Fachkräfte seien aufgrund hoher Eigenbeteiligung oft verschuldet.