Berlin, Frankfurt a. M. (epd). Wer einen Heim-Pflegeplatz braucht, muss aktuell mit einem Eigenanteil von 2.548 Euro pro Monat rechnen. Im Bundesdurchschnitt lagen die Preise für das erste Jahr im Heim um 348 Euro über denen des Vorjahres, wie der Verband der Ersatzkassen (vdek) am 18. Juli in Berlin mitteilte. Im zweiten Jahr werden 292 Euro mehr fällig, im dritten Jahr 236 Euro und nach drei Jahren 165 Euro.
Die Staffelung hat damit zu tun, dass die Pflegekassen seit 2022 mit der Aufenthaltsdauer steigende Zuschüsse zu den Kosten zahlen, die die Heimbewohnerinnen und -bewohner selbst tragen müssen. Der große Preissprung im Vergleich zum Vorjahr ist laut Ersatzkassenverband auf die gestiegenen Personalkosten zurückzuführen. Seit September 2022 müssen alle Heime, die mit den Pflegekassen abrechnen, ihr Personal mindestens in Höhe der geltenden Tarife bezahlen.
„Eine faire Bezahlung des Pflegepersonals und die Sicherstellung einer angemessenen Personaldecke in Pflegeheimen werden von uns ausdrücklich begrüßt“, sagte der Sprecher der vdek-Landesvertretung NRW, Christian Breidenbach. Es sei jedoch „inakzeptabel“, dass die steigenden Kosten zum Großteil von den Pflegebedürftigen getragen werden müssten. „Wenn der Aufenthalt im Pflegeheim von immer mehr Menschen nicht mehr bezahlt werden kann, ist das System grundsätzlich in Schieflage“, mahnte er. Notwendig sei deshalb „eine Lösung zur nachhaltigen Entlastung der Pflegebedürftigen, die nicht allein auf dem Rücken der Beitragszahler lastet“.
Heimbewohner zahlen nicht nur für ihre Pflege den Teil der Kosten selbst, der nicht durch die Pflegeversicherung abgedeckt ist, sondern auch für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten. So kommen die hohen Eigenanteile zustande: Für Unterkunft und Essen werden im Bundesdurchschnitt 888 Euro im Monat berechnet. Die Investitionskosten der Anbieter betragen laut vdek-Daten im Bundesdurchschnitt 477 Euro.
Carsten Göken, stellvertretender Leiter des vdek Niedersachsen, forderte vom Land eine Übernahme von Investitionskosten, etwa für Ausstattung und Instandhaltung der Heime, so wie dies im Krankenhaus-Sektor üblich sei. Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte die Länder auf, ihren Teil dazu beizutragen, „die Zukunftssicherheit der Pflegeversicherung herzustellen“. Eine Übernahme der Investitionskosten entlaste jeden Heimbewohner um mehrere Hundert Euro im Monat, argumentierte auch die Caritas.
Ein Verbände-Bündnis, dem der Paritätische Gesamtverband, der Sozialverband Deutschland und der DGB angehören, setzt sich angesichts der ausufernden Kosten für eine Pflegevollversicherung ein. Fast ein Drittel der Heimbewohnerinnen und -bewohner sei inzwischen auf Sozialhilfe angewiesen, Pflegebedürftigkeit werde zur Armutsfalle, warnten die Akteure. Wilfried Wesemann, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Verbandes für Altenarbeit und Pflege (Devap) sagte: „Wir brauchen dringend ein Sofortprogramm, um die Situation für die Betroffenen zu verbessern.“
Vor dem Hintergrund der aktuellen Tarifentwicklung und der seit 1. Juli umzusetzenden neuen Personalbemessung in der Pflege sei davon auszugehen, dass der Eigenanteil bis zum Jahresende weiter ansteige, sagte Claudia Ackermann, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hessen. „Die durch das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz ab 1. Januar 2024 geltende Erhöhung der Zuschläge durch die Pflegekassen dürften den Trend nur kurzfristig abmildern.“
Der Verband der Ersatzkassen berichtet regelmäßig über die Eigenbeteiligung der Heimbewohnerinnen und -bewohner in Deutschland. Die aktuelle Datenauswertung gibt den Stand von Anfang Juli dieses Jahres wieder.