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Flüchtlinge

Immer mehr Ukrainer wollen länger in Deutschland bleiben




Ukrainische Mutter mit Kindern in einer Unterkunft (Archivbild)
epd-bild/Christoph Böckheler
Die Integration der ukrainischen Flüchtlinge macht Fortschritte, bilanziert die zweite Welle einer groß angelegten Befragung deutscher Forschungsinstitute. Immer mehr von ihnen erwägen, langfristig in Deutschland zu bleiben.

Berlin (epd). Mit zunehmender Dauer des russischen Angriffskriegs wollen immer mehr Flüchtlinge aus der Ukraine längerfristig in Deutschland bleiben. Wie aus den am 12. Juli vorgestellten Ergebnissen der zweiten Welle einer großangelegten Befragung von Geflüchteten aus der Ukraine hervorgeht, hatten zu Beginn dieses Jahres 44 Prozent von ihnen langfristige Bleibeabsichten. Das waren fünf Prozentpunkte mehr als im Spätsommer vergangenen Jahres.

Knapp 7.000 Interviews

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), das Forschungszentrums des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befragten zwischen Januar und März dieses Jahres erneut Geflüchtete aus der Ukraine zu ihren Lebensumständen in Deutschland. Knapp 7.000 Frauen und Männer, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen waren und im vergangenen Jahr zum ersten Mal befragt wurden, gaben dabei Auskunft zu ihrer Wohn- und Arbeitssituation, zum Besuch von Sprach- und Integrationskurses sowie der Betreuungssituation ihrer Kinder.

Die Teilhabe der Ukrainerinnen und Ukrainer habe innerhalb von knapp einem Jahr leichte Fortschritte gemacht, sagte Andreas Ette vom BiB. Er verwies dabei auf Ergebnisse der aktuellen Befragung, wonach im Vergleich zum Sommer 2022 inzwischen mehr ukrainische Kinder die Schule oder eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen. Erhöht hat sich demnach auch der Anteil von ukrainischen Erwachsenen, die einen Sprachkurs besuchen oder abgeschlossen haben, auf 75 Prozent. Fast zwei Drittel (65 Prozent) besuchten zu Beginn dieses Jahres noch einen solchen Kurs.

Nahezu unveränderte Erwerbsquote

Yuliya Kosyakova, Forscherin am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, sieht darin einen Grund, warum die Erwerbsquote ukrainischer Flüchtlinge im Vergleich zum Sommer vergangenen Jahres nicht wesentlich gestiegen ist. Wegen des Besuchs der Kurse stünden die Menschen dem Arbeitsmarkt nur begrenzt zur Verfügung, sagte sie. 18 Prozent der ukrainischen Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter hatten der Befragung zufolge zu Beginn dieses Jahres eine Arbeit. Im Sommer 2022 waren es 17 Prozent.

Bei der Berufstätigkeit gibt es nach wie vor Unterschiede zwischen Männern und Frauen. 22 Prozent der Männer im erwerbsfähigen Alter waren Anfang des Jahres erwerbstätig. Bei den Frauen waren es 17 Prozent, bei den Frauen mit kleinen Kindern sogar nur drei Prozent. Die Forscher und Forscherinnen sehen vor allem in fehlenden Kinderbetreuungsmöglichkeiten einen Grund.

Das durchschnittliche Haushaltseinkommen ukrainischer Flüchtlinge lag mit 850 Euro weniger als halb so hoch wie das Durchschnittseinkommen in Deutschland insgesamt. Kosyakova rechnet aber damit, dass in Zukunft mehr Ukrainerinnen und Ukrainer erwerbstätig sein werden, mahnt dafür aber auch Perspektiven für die Menschen an, die bleiben wollen. Nur mit einer Perspektive würden sie in Bildung, Sprache und Integration investieren, sagte sie.

Durch eine auf EU-Ebene vereinbarte Regelung können Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland bleiben, ohne einen Asylantrag zu stellen. Die Regelung ist befristet bis zum Frühjahr 2024.

Corinna Buschow