Berlin (epd). Der Bundestag hat am 23. Juni in Berlin das Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Ampel-Koalition beschlossen. Es soll mehr Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland locken, um den Fachkräftemangel zu mildern. Auch die Einreise nach Punkten wird möglich.
Wer kann über das neue Punktesystem kommen?
Künftig können Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern zur Arbeitssuche für zunächst ein Jahr nach Deutschland kommen. Grundvoraussetzungen sind ein ausländischer Berufs- oder Hochschulabschluss und Deutschkenntnisse auf A1-Niveau. Bessere Deutsch- und Englischkenntnisse bringen Punkte, ebenso ein Deutschlandbezug, etwa ein früherer Aufenthalt, geringes Alter, Qualifikation in einem Engpassberuf sowie Berufserfahrung.
Bei ausreichender Punktzahl (mindestens sechs) können die Interessenten ein Visum beantragen und erhalten die „Chancenkarte“, die ihnen den Aufenthalt zur Arbeitssuche erlaubt. Für ihren Unterhalt müssen sie selbst aufkommen. Parallel zur Jobsuche ist Arbeit von bis zu 20 Wochenstunden erlaubt. Finden die Interessentinnen eine Stelle, können sie zwei weitere Jahre bleiben und danach einen dauerhaften Aufenthalt beantragen.
Welche neuen Möglichkeiten haben Fachkräfte mit einem ausländischen Abschluss?
Sie können auch dann in Deutschland arbeiten, wenn ihr Berufsabschluss hier nicht anerkannt ist. Voraussetzung sind ausreichende Berufserfahrung und ein angemessenes Gehalt in Deutschland. Das soll Lohndumping verhindern. Wer nicht genug verdient, muss die Anerkennung seines Berufsabschlusses hier nachholen. Die Arbeitgeber verpflichten sich dann, im Rahmen einer „Anerkennungspartnerschaft“ ihre ausländischen Beschäftigten dabei zu unterstützen, sie etwa für Qualifizierungen freizustellen. Bisher muss die Anerkennung vom Ausland aus betrieben werden, was für beide Seiten, ausländische Arbeitnehmer und künftige Arbeitgeber, zu lange dauert.
Fachkräfte mit einem von Deutschland anerkanntem Hochschul- oder Berufsabschluss können künftig auch außerhalb ihrer Branche jede qualifizierte Tätigkeit annehmen. Das macht ihre Beschäftigung in Deutschland flexibler.
Was ändert sich für Einwanderer mit der Blauen Karte EU?
Hochschulabsolventinnen und -absolventen, die einen in Deutschland anerkannten Abschluss und einen Arbeitsvertrag haben, erhalten wie bisher die Blaue Karte EU, die ihnen einen bis zu vierjährigen Aufenthalt ermöglicht. Es werden aber die hohen Gehaltsschwellen gesenkt. In diesem Jahr würden sie bei einem Jahreseinkommen von 43.800 Euro brutto liegen statt der jetzt noch gültigen Mindesteinkommensschwelle von 58.400 Euro. Das entspricht 3.650 Euro brutto im Monat und ist auch für Berufsanfänger realistisch.
Außerdem werden der Familiennachzug und der Weg zu einem dauerhaften Aufenthalt erleichtert. Fachkräfte mit Bleiberecht können ab März 2024 auch ihre Eltern oder Schwiegereltern nachholen. IT-Spezialistinnen und -Spezialisten erhalten auch ohne Hochschulabschluss eine Blaue Karte EU, wenn sie über Berufserfahrung auf akademischem Niveau verfügen.
Was bedeutet der „Spurwechsel“ für Asylbewerberinnen und -bewerber?
Wer zum Stichtag 29. März 2023 in einem laufenden Asylverfahren war und eine Arbeitsstelle gefunden hat, kann das Asylverfahren abbrechen und hier einen der möglichen Aufenthaltstitel als Fachkraft beantragen, sofern er oder sie die Voraussetzungen dafür erfüllt. Es ist aber nicht möglich, auf die Einwanderungsmöglichkeit nach dem Punktesystem zu wechseln. Wer einen Aufenthaltstitel als Fachkraft erhält, kann die Familie zu sich holen. Die neue Möglichkeit des Elternnachzugs bleibt für Spurwechsler aber ausgeschlossen. Für künftige Asylbewerber gilt das alles nicht.
Der Spurwechsel soll auch Menschen ermöglicht werden, die mit einem Touristenvisum eingereist sind. Finden sie während ihres Aufenthaltes eine Arbeit, können sie von Deutschland aus ihre Einwanderung beantragen. Bisher müssen sie wieder ausreisen und dies vom Heimatland aus tun.