sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Kündigung wegen Krankheit zulässig




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epd-bild/Friedrich Stark
Arbeitnehmern in einem Kleinbetrieb darf anlässlich der Einreichung ihres Krankenscheins grundsätzlich gekündigt werden. Die Kündigung allein wegen Kranksein stellt noch keine verbotene Maßregelung durch den Arbeitgeber dar, urteilte das Landesarbeitsgericht Nürnberg.

Nürnberg (epd). Eine ordentliche Kündigung nach einer Krankmeldung ist noch keine verbotene Maßregelung durch den Arbeitgeber. Auch ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und Ausspruch der Kündigung begründe keinen Verstoß gegen das für Arbeitgeber geltende gesetzliche Maßregelungsverbot, stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem am 1. Juni veröffentlichten Urteil klar. Die Nürnberger Richter wiesen damit die Kündigungsschutzklage eines in einem kleinen Familienbetrieb beschäftigten Kurierfahrers ab.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht benachteiligen oder „maßregeln“, nur weil dieser „in zulässiger Weise seine Rechte ausübt“. Erfolgt daraufhin eine Kündigung quasi als „Bestrafung“ des Arbeitnehmers, ist dieser Rauswurf unwirksam.

Streit durch Corona-Infektion ausgelöst

Im Streitfall wurde der Kläger am 16. Dezember 2020 positiv auf das Corona-Virus getestet. Kurz darauf meldete er sich wegen Halsreizung, Husten und Kopfschmerzen krank. Am 21. Dezember 2020 kündigte ihm der Arbeitgeber ordentlich.

Der Kurierfahrer hielt das für unwirksam. Die Kündigung sei allein aufgrund seiner Krankmeldung erfolgt und stelle eine verbotene „Maßregelung“ dar. Der Mann führte an, sein Chef habe sogar eine Quarantäne nicht für nötig gehalten. Dabei müsse er regelmäßig Kurierfahrten zu Krankenhäusern, Privathaushalten und Seniorenheimen durchführen.

Die Kündigung sei auch sozial ungerechtfertigt, so der Kläger. Zwar unterliege der Kleinbetrieb nicht dem Kündigungsschutzgesetz und der bei betriebsbedingten ordentlichen Kündigungen vorgeschriebenen Sozialauswahl. Der Arbeitgeber müsse aber ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme wahren. Er müsse vier Kinder versorgen und sei auch älter als die anderen Mitarbeiter im Betrieb, wandte der Kläger ein.

Arbeitgeber bestritt Absicht der Maßregelung

Der Arbeitgeber bestritt, dass er den Kläger mit der während der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochenen Kündigung „maßregeln“ wollte. Es sei auch kein Druck auf den Arbeitnehmer ausgeübt worden, trotz Krankheit zur Arbeit zu erscheinen. Die Kündigung sei nicht willkürlich erfolgt. Dem Betrieb gehe es derzeit wirtschaftlich nicht gut. Bei der Kündigung sei auch das Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme gewahrt worden.

Das LAG hielt die ordentliche Kündigung des Klägers ebenfalls für wirksam. Ein Verstoß gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot liege nicht vor. Das sei dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer „maßregeln“ wolle, weil dieser in zulässiger Weise von seinen Rechten Gebrauch gemacht habe. Allein eine Kündigung nach einer Krankmeldung sei für sich genommen nicht verboten, auch wenn sie im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Kranksein erfolgte. Der Kläger sei damit nicht in seinen Rechten verletzt worden, befand das Gericht.

„Es gibt kein Recht auf Krankheit“

„Es gibt kein Recht auf Krankheit“, erklärte das LAG. Aus der Arbeitsunfähigkeit ergebe sich nur das Recht, zu Hause bleiben zu können. Dieses Recht habe der Arbeitgeber hier aber nicht bestritten. Er habe den Kläger nicht aufgefordert, trotz Krankheit zur Arbeit zu erscheinen. Angesichts der Umsatzeinbußen des Unternehmens sei die Kündigung nicht willkürlich erfolgt. Ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme sei eingehalten worden.

In einem Urteil vom März 2021 hat das LAG entschieden, dass eine ordentliche Kündigung wegen abgelehnter Kurzarbeit ebenfalls keine unzulässige Maßregelung des Arbeitnehmers ist. Denn Ziel der Kurzarbeit sei es, den Betrieb und die Arbeitsplätze zu erhalten - und nicht den Arbeitnehmer zu maßregeln.

Wird ein Arbeitnehmer wegen der Erkrankung seines Kindes nicht vom Arbeitgeber freigestellt und bleibt er dennoch eigenmächtig zu Hause, ist eine deshalb ausgesprochene Kündigung wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot dagegen unwirksam, urteilte das LAG Mainz im November 2016. Denn der Arbeitnehmer habe das Recht, sein krankes Kind zu betreuen und dafür freigestellt zu werden. Im Streitfall blieb die Kündigungsschutzklage dennoch erfolglos, weil der Arbeitnehmer nicht nachweisen konnte, dass die Kündigung tatsächlich auf sein eigenmächtiges Daheimbleiben zurückzuführen war. Vielmehr hatte der Arbeitgeber die Kündigung während der Probezeit mit Leistungsmängeln begründet.

Az.: 8 Sa 340/22 (LAG Nürnberg, Krankmeldung)

Az.: 4 Sa 413/20 (LAG Nürnberg, Kurzarbeit)

Az.: 8 Sa 152/16 (LAG Mainz)

Frank Leth