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Schlaganfall-Kinderlotse: "Nicht lange fackeln"



Bremen (epd). Das Thema ist kaum bekannt, und doch kann es das Leben betroffener Familien komplett auf den Kopf stellen: In Deutschland erhalten nach Angaben der Deutschen Schlaganfall-Hilfe jährlich 300 bis 500 Kinder und Jugendliche die Diagnose Schlaganfall. „Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher“, sagte der Bremer Schlaganfall-Kinderlotse Maik Hohmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nach einem Schlaganfall müsse möglichst schnell gehandelt werden. „Nicht lange fackeln und das Krankenhaus aufsuchen oder einen Notarzt rufen“, sagte Hohmann, der Familien beratend zur Seite steht.

In Deutschland gibt es ein Lotsen-Netz für Familien, zu dem neben Hohmann für den Norden drei Kolleginnen in Vogtareuth bei München (Süden), Bielefeld (Westen) und Brandenburg (Osten) zählen. „Wir wissen, wo es welche Hilfen gibt, wir begleiten durch den Dschungel von Diagnosen und unterstützen beispielsweise bei Anträgen für geeignete Therapien und Gutachten“, erläuterte Hohmann. Der Schlaganfall-Lotse gehört zum Team des Neurologischen Rehabilitationszentrums Friedehorst in Bremen-Lesum. Finanziert wird die Arbeit über Spendengelder der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe in Gütersloh. Sie vermittelt auch den Kontakt zu den Schlaganfall-Kinderlotsen.

Diagnose ist oft schwer zu stellen

Wenn Eltern die Diagnose „Schlaganfall“ für ihr Kind erhielten, werfe dies sie zunächst nicht selten in eine Schockstarre, hat Sozialpädagoge Hohmann beobachtet. Zudem sei die Diagnose schwierig, weil kaum jemand mit einem Schlaganfall bei Jüngeren rechne. „Typische Anzeichen sind Beeinträchtigungen im motorischen Bereich wie das Nachziehen eines Beines beim Gehen. Auch Lähmungen gehören dazu, plötzlich auftretende unerklärliche Sprachverluste, Auffälligkeiten im Gesichtsbereich, Verhaltensstörungen, epileptische Anfälle.“

Beratungen und Netzwerke wie die Elterndatenbank der Schlaganfall-Hilfe könnten aus der Schockstarre helfen. Die Stiftung veranstaltet auch mehrtägige Sommer-Camps: „Für die Familien ist es wichtig, dass sie in ihrer Nähe Menschen finden, mit denen sie sich austauschen können, beispielsweise über hilfreiche Therapien, Entlastungen im Alltag und wichtige Hilfsmittel.“

Je nach Schwere könnten die Einschnitte für Kinder und Jugendliche schwerwiegend sein. Aber auch die Heilungschancen seien häufig besser als bei Erwachsenen. Hohmann: „Eine langfristige Prognose ist immer schwierig, aber die Erfahrungen zeigen, dass man oft positiv überrascht wird. Wir hatten schon massiv betroffene Kinder, die jetzt weiter in ihre Schulen gehen, eine Ausbildung beginnen oder ein Studium aufnehmen können.“

Dieter Sell


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