sozial-Recht

Arbeitsgericht

Mitbestimmung bei Einstellung von Schul- und Kita-Assistenten



Bonn (epd). Die Einstellung und Versetzung von Schul- und Kita-Assistenten kann auch in einem überwiegend karitativ tätigen Unternehmen mitbestimmungspflichtig sein. Können die Beschäftigten nur in geringem Umfang frei über Hilfemaßnahmen für die betreuten Kinder selbstständig entscheiden, darf die Arbeitgeberin sie nicht als sogenannte „Tendenzträger“ einstufen, für die das Betriebsverfassungsgericht und damit die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht gelten, entschied das Arbeitsgericht Bonn in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 5. Januar.

Im Streitfall ging es um einen Träger von ambulanten Teil- und vollstationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Der bietet auch Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe an. Rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in Kita und Schule insbesondere als fachliche beziehungsweise reguläre Integrationsassistenten eingestellt.

Eigenmächtige Entscheidung über Einstellung und Versetzung

Der Arbeitgeber entschied ohne Zustimmung des Betriebsrats, wer dafür eingestellt oder versetzt wurde. Er berief sich darauf, dass er wegen seiner überwiegend karitativen Tätigkeit als sogenannter Tendenzbetrieb gelte. Die Mitbestimmungspflicht nach dem Betriebsverfassungsgesetz gelte dann nicht für Arbeitnehmer, die als „Tendenzträger“ den karitativen Zweck des Unternehmens eigenverantwortlich umsetzen. Das sei bei den Kita- und Schulassistenten der Fall, so die Begründung.

Der Betriebsrat sah sich dadurch in seinen Mitbestimmungsrechten verletzt. Der Arbeitgeber hätte ihn bei der Einstellung und Versetzung der Kita- und Schulassistenten beteiligen müssen. Er legte eine Liste von knapp 60 namentlich genannten Beschäftigten vor, bei denen er eine Verletzung der Mitbestimmungspflicht geltend machte.

Mitbestimmung als verletzt angesehen

Das Arbeitsgericht entschied, dass es sich bei dem Unternehmen zwar um einen Tendenzbetrieb handele. Eine Mitbestimmungspflicht bestehe dann nicht für die Einstellung oder Versetzung von Arbeitnehmern, die als Tendenzträger den karitativen Zweck des Unternehmens eigenverantwortlich und selbstständig erfüllen.

Das sei hier aber nicht der Fall, so die Bonner Richter, die deshalb die Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats als verletzt ansahen. Denn die Kita- und Schulassistenten könnten nur in enger Abstimmung mit den jeweiligen Gesamt-, Hilfe- und Teilhabeplänen sowie mit den jeweiligen Lehrern die Hilfemaßnahmen für die betreuten Kinder umsetzen. Sie könnten daher nicht „im Wesentlichen frei über die Aufgabenerledigung entscheiden“ und seien bei der Umsetzung der vom Arbeitgeber verfolgten Tendenz weisungsgebunden.

Az.: 3 BV 96/22