Berlin (epd). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will einem Zeitungsbericht zufolge die Leiharbeit in der Altenpflege einschränken. Laut einem überarbeiteten Gesetzentwurf für die Pflegereform sollen Pflegeeinrichtungen die Mehrkosten für den Einsatz von Leiharbeiterinnen und -arbeitern nicht den Pflegekassen in Rechnung stellen dürfen, wie das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ am 23. März berichtete. Das Bundesgesundheitsministerium verwies auf die noch laufenden regierungsinterne Abstimmung des Gesetzesvorhabens und wollte sich zu Einzelheiten zunächst nicht äußern.
Hintergrund des Vorhabens ist, dass Zeitarbeitsfirmen Pflegekräften inzwischen eine Entlohnung anbieten, die deutlich über dem Tarif liegt. Deshalb wechseln viele Pflegekräfte in ein Leiharbeitsverhältnis. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im Jahresdurchschnitt 2021 gut zwei Prozent der Pflegekräfte in einem Leiharbeitsverhältnis angestellt. Während der Pandemie habe die Nachfrage nach Zeitarbeitern weiter zugenommen.
Für die Erstattung der Personalkosten in den Einrichtungen sollen dem Zeitungsbericht zufolge künftig als Obergrenze die in der Branche üblichen Tariflöhne gelten. Auch Vermittlungsgebühren für die Zeitarbeitsfirmen dürfen demnach nicht an die Pflegekassen weitergereicht werden. Durch die Begrenzung werde vermieden, dass „wirtschaftliche Anreize für das Verleihen von Pflege- und Betreuungspersonal auf Kosten der Solidargemeinschaft beziehungsweise der Pflegebedürftigen und ihrer Familien bestehen“, heißt es dem Bericht zufolge in der Begründung für den neu eingefügten Paragrafen im Pflegereform-Gesetzentwurf.
Sozial-Vorständin Maria Loheide von der Diakonie Deutschland sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) zu den Plänen, die Diakonie halte es für richtig, die Leiharbeit in der Altenpflege auf ihre Kernfunktion zurückzuführen, Personalengpässe schnell zu überbrücken. Sie aber dadurch beschränken zu wollen, „dass man den Pflegekassen untersagt, höhere als tarifliche Vergütungen zu refinanzieren, ist als isolierter Schritt wenig hilfreich“, kritisierte Loheide. Wenn die Träger nicht mehr auf Zeitarbeitsfirmen zurückgreifen könnten, müssten sie „Angebote runterfahren und Stationen schließen. Und das bei bereits bestehenden Versorgungslücken.“
Die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe hatte am 22. März auf Basis einer Umfrage in den Mitgliedseinrichtungen mitgeteilt, dass inzwischen zwei Drittel der Krankenhäuser und Pflegeheime Leihpersonal beschäftigen. Zeitarbeitskräfte kosteten die Arbeitgeber zwischen 20 und 50 Prozent mehr als festangestellte Mitarbeitende, denn die Zusatzausgaben würden in der Praxis schon heute von den Pflegekassen nicht refinanziert.
Der Vorstand der Patientenschutz-Stiftung Eugen Brysch, warnte, die geplante Regelung werde zulasten der Heimbewohnerinnen und -bewohner gehen, ohne dass die Leiharbeit in der Altenpflege damit zurückgedrängt werden könne. Denn anders als die Krankenhäuser, für die eine ähnliche Regelung zur Zeitarbeit bereits gilt, wie sie nun offenbar für die Altenpflege geplant ist, könnten Pflegeeinrichtungen die Zusatzkosten für Zeitarbeiter nicht abfangen, sondern würden sie auf die Bewohner umlegen müssen, erklärte Brysch.
„Karl Lauterbach beweist, dass er kein einziges Problem in der Pflege verstanden hat, wenn ihm zur Eindämmung der Leiharbeit nur eine Begrenzung der Gehälter einfällt“, erklärte Ates Gürpinar, Sprecher für Krankenhaus- und Pflegepolitik der Links-Fraktion. „Ich verstehe und teile den Ärger über schlechte Arbeitsbedingungen und miese Bezahlung in den Stammbelegschaften. Doch daran sind nicht die Leiharbeiter schuld, sondern die Verantwortlichen in der Politik“, sagte Gürpinar. Die Bedingungen in der Pflege müssten grundlegend verbessert werden: „Wer glaubt, Pflegekräfte gehen nur wegen der besseren Bezahlung in die Leiharbeit, hat lange nicht mehr mit Betroffenen gesprochen.“