sozial-Recht

Oberlandesgericht

Teilweise Sorgerechtsübertragung nur nach persönlicher Anhörung



Frankfurt a.M. (epd). Die teilweise Übertragung des Sorgerechts auf einen Ergänzungspfleger geht nicht ohne vorherige gerichtliche persönliche Anhörung von Eltern und Kind. Die persönliche Anhörung der Betroffenen diene unmittelbar dazu, dass sich das zuständige Amtsgericht insbesondere über das minderjährige Kind einen besseren persönlichen Eindruck verschaffen kann, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am 16. März veröffentlichten Beschluss.

Hintergrund des Rechtsstreits war ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren eines in Frankfurt lebenden verheirateten Mannes. Dieser unterhielt seit 2004 eine außereheliche Beziehung. Als die Frau 2008 schwanger wurde, erkannte er schließlich die Vaterschaft an. Die Beziehung endete 2014, nachdem die Ehefrau des Mannes von dessen außerehelichen Beziehung erfahren hatte.

Mutter verweigert Abstammungstest

Weil der Vater nicht mehr überzeugt war, dass er tatsächlich der biologische Vater des Kindes ist, leitete er ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren ein und verlangte ein Abstammungsgutachten. Die Mutter verweigerte bis heute die hierfür vorgesehene Entnahme von Mundschleimhaut bei ihrem Kind.

Um das Abstammungsgutachten erstellen zu können, bestimmte das Frankfurter Amtsgericht im September 2022 das Jugendamt als Ergänzungspfleger. Mit der damit verbundenen teilweisen Übertragung des Sorgerechts sollte das Jugendamt die genetische Abstammungsuntersuchung endlich veranlassen können. Zuvor hatte das Amtsgericht der Mutter und dem Kind Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben.

Doch das reicht nicht, entschied jetzt das OLG. Bei der Bestimmung eines Ergänzungspflegers müssen die Eltern und das betroffene Kind vom Gericht persönlich angehört werden. Die persönliche Anhörung diene nicht nur der Gewährung „rechtlichen Gehörs“, sondern auch der Sachverhaltsaufklärung. Das Gericht könne sich so einen persönlichen Eindruck insbesondere über das Kind verschaffen. Auch sei das Jugendamt fehlerhaft in dem Verfahren nicht beteiligt worden. Das müsse nun alles vom Amtsgericht nachgeholt werden.

Az.: 3 WF 143/22