Flörsheim (epd). Bücher, Tassen, Kristallkaraffen, Schränke und ganze Sitzlandschaften. Auf rund 800 Quadratmetern bietet „Tisch und Teller“ nahezu alles, was im Haushalt und zum Wohnen gebraucht wird. Der Laden in einer Halle im hessischen Flörsheim bei Frankfurt am Main ist ein Sozialkaufhaus. Hier gibt es gebrauchte Ware, Menschen mit geringem Einkommen bekommen einen Nachlass.
Steigende Preise und eine wachsende Zahl Geflüchteter sorgen dafür, dass immer mehr Menschen auf günstige Einkaufsgelegenheiten angewiesen sind. „Wir merken, dass mehr los ist“, sagt Peggy Hoffmann, Leiterin des Diakonischen Werks Main-Taunus, das gemeinsam mit dem Main-Taunus-Kreis Träger von „Tisch und Teller“ ist.
Der Geschäftsführer der „Regionale Diakonische Werke in Hessen und Nassau gGmbH“, Volker Knöll, sieht eine „hohe Relevanz“ dieser Kaufhäuser. Früher hätten die Leute nach dem Motto „Hauptsache neu und billig“ eingekauft. Heute solle der Einkauf nachhaltig sein. „Diesen Gedanken haben die Sozialkaufhäuser in ihrer DNA“, betont er. Ein weiterer Aspekt ist für Knöll die Gemeinwesenarbeit: „Sozialkaufhäuser können sich zu Treffpunkten entwickeln.“
Wer ein niedriges Einkommen nachweisen kann, bekommt in Flörsheim 25 Prozent Rabatt. Seit der Eröffnung 2009 seien dafür 5.500 Kundenkarten ausgestellt worden, sagt Peggy Hoffmann. Allerdings kann auch einkaufen, wer gut verdient. „Ein Kaufhaus nur für Sozialhilfeempfänger ist stigmatisierend“, erklärt Hoffmann. Kunden seien klar als Hilfsempfänger zu erkennen.
In Flörsheim tauchen Besucher ein in eine bunte Warenwelt. Keine neuen Dinge, aber alle gut erhalten. Gleich links hinter dem Eingang stehen Vitrinen mit zierlichen Porzellanfiguren und einer Medaille für langjährige Mitgliedschaft beim Roten Kreuz. Oftmals seien hier hinter Glas Sammlerobjekte zu finden, die etwas teurer sind, erklärt Hoffmann die besondere Präsentation.
Gegenüber an der Kasse steht Markus Trettin. Er kennt Kundinnen, die nur kommen, um nach einer bestimmten Tasse oder Schüssel suchen, die zu ihrem eigenen Service passt. Und er kennt auch den Teil der Kundschaft, der nur vorbeikommt, um einen Plausch zu halten. „Das sind immer nette Unterhaltungen“, sagt der 39-Jährige gut gelaunt.
Auf den Eingangsbereich folgen gut bestückte Abteilungen für Spiele und Haushaltswaren aller Art. In der Ecke für die Bücher steht eine Couch. Wer will, kann dort sitzen und lesen. Bei den Möbeln ist alles vertreten, von Eiche rustikal bis modern. „Was hier steht, wäre ansonsten im Sperrmüll gelandet“, sagt Hoffmann. „Wir helfen, Abfall zu vermeiden.“
„Wir haben viel zu viel“, gesteht Rita Lupo. Die Raunheimerin hat Taschen und Schuhspanner gebracht. „Wir sind umgezogen und mussten vieles aussortieren.“ In den vergangenen Wochen habe sie deshalb „sicher 20 Kartons“ mit allerlei Haushaltswaren gespendet. „Zum Wegwerfen sind die Dinge noch viel zu gut. Hier erfüllen sie einen guten Zweck.“
Der gute Zweck bezieht sich neben den sozialen Preisen und der Vermeidung von Abfall auf einen weiteren Aspekt, den viele Sozialkaufhäuser bieten: die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen und den Versuch, sie langfristig in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Davon profitiert im Fall von „Tisch und Teller“ auch das Sozialkaufhaus selbst. Sieben der aktuell 13 Beschäftigten haben über eines der Beschäftigungsprogramme angefangen und sind nun fest angestellt beim Diakonischen Werk Main-Taunus.
Wolfgang Schwarz ist einer von ihnen. Er leitet die integrierte Fahrradwerkstatt. „Wir reparieren alles, außer E-Bikes“, sagt er und deutete auf einen Oldtimer, den er gerade in Schuss gebracht hat. Das Rad der Marke „Miele“ ist Baujahr 1951 und voll einsatzfähig. Daneben steht ein modernes blaues Mountainbike, auch das generalüberholt. „Im Moment mache ich nur Reparaturen“, erklärt der 60-Jährige.
Während der Fahrradsaison im Frühjahr und Sommer verkauft er auch viele Räder. Schwarz, gelernter Kfz-Mechaniker und Mechaniker im Heizungs- und Lüftungsbau, war lange arbeitslos. 2016 startete er bei „Tisch und Teller“ mit finanzieller Unterstützung durch das Jobcenter. Als die Maßnahme nach einem Jahr beendet war, blieb er und arbeitete zwei Jahre als Ehrenamtlicher weiter. Seit 2019 gehört er zum Kreis der Festangestellten. „Die Arbeit passt für mich wunderbar“, sagt er.