Ettlingen, Karlsruhe (epd). Die Diakonie Baden schlägt Alarm: Sie sieht die sozialen Sicherungssysteme in Gefahr. Während der Bedarf an sozialen Dienstleistungen wachse, gebe es immer weniger Personal, sagte der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Baden, Oberkirchenrat Urs Keller, am 23. Januar in Karlsruhe: „So wie bisher wird vieles nicht mehr sein.“ Es werde künftig weniger Kita-Gruppen, Pflegeplätze sowie weniger ambulante Versorgung und weniger Beratungsangebote geben.
Keller hält einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft hin zu mehr Selbstverantwortung für nötig. Zur Zukunft der sozialen Sicherung müsse ein offener Diskurs geführt werden, mit Betroffenenvertretern, Kirchen, der Politik, den Kranken- und Pflegekassen, der Wissenschaft, anderen Sozialverbänden und kommunalen Gebietskörperschaften, sagte Keller beim Diakonie-Jahrespressegespräch.
„Wir brauchen eine Umverteilungsdebatte, für die durch den Ukraine-Krieg ausgelösten sprunghaften Kostensteigerungen“, forderte Keller: „Soziale Sicherung kostet Geld.“ Nötig seien neue Instrumente zur Finanzierung. Es gebe sehr viel Wohlstand in Deutschland. Hier sollte die Politik öffentlich diskutieren, ob Vermögende für soziale Versorgung herangezogen werden könnten.
„Unsere soziale Fürsorge ist nicht für Krisenzeiten ausgelegt“, sagte Beatrix Vogt-Wuchter, Vorständin des Diakonischen Werkes Baden mit Blick auf die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg. Das Personal sei ausgelaugt. „Diejenigen, die geholfen haben, brauchen jetzt Hilfe.“
Sie kritisierte die „überbordende Bürokratie“ für Betroffene und Angehörige wie auch für Mitarbeitende. „Die Pflege ist überreguliert“, sagte die Diakonie-Vorständin. Ein wichtiger Stützpfeiler in der sozialen Sicherung seien die Freiwilligendienste. Sie hoffe, dass die Politik diese Dienste auch künftig finanziell fördere, so Vogt-Wuchter.
Es bestehe ein krasses Missverhältnis zwischen dem steigenden gesellschaftlichen Bedarf an Hilfsangeboten auf der einen Seite und dem Personal sowie den finanziellen Möglichkeiten auf der anderen Seite, sagte André Peters, Vorstand des Diakonischen Werkes Baden.
Die grundlegende Herausforderung bestehe in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, erläuterte Peters. Eine Chance für Einsparung für Personal sieht er in der zunehmenden Digitalisierung.
Insbesondere in der Pflege und der Behindertenhilfe herrscht Personalmangel. Viele Pflegedienste und Pflegeheime nehmen niemanden mehr auf, hat die Diakonie festgestellt. Der Personalmangel werde sich weiter zuspitzen, hieß es. Bis 2030 würden bundesweit 300.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt.