Frankfurt a.M. (epd). Eine mutmaßlich psychisch kranke Straftäterin muss sich gegen eine Zwangsbehandlung mithilfe eines Anwalts verteidigen können. Denn wegen des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit und des Selbstbestimmungsrechts müsse nicht nur der im Strafverfahren bestellte Pflichtverteidiger am Verfahren der Zwangsmedikation beteiligt werden, das Gericht müsse zudem auch die Betroffene persönlich anhören, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am 18. Januar bekanntgegebenen Beschluss.
Konkret ging es um eine mutmaßlich psychisch krank Frau, der versuchte räuberische Erpressung und mehrere Brandstiftungen vorgeworfen wurden. Das Strafverfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Wegen einer Psychose und einer möglichen Einschränkung ihrer Steuerfähigkeit ist sie vorläufig in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.
Die Klinik beantragte die Zwangsmedikation mit Antipsychotika. Das zuständige Sozialministerium genehmigte die zwangsweise Behandlung der Frau. Nach der ersten Behandlung Mitte Oktober 2022 erlitt sie mehrere Kreislaufschwächen. Sie war aber geordneter im Denken, deutlich ruhiger und konnte anderen Personen angemessener begegnen, wie es in der Pressemitteilung des Gerichts heißt.
Vor Gericht wollte sie feststellen lassen, dass die Zwangsbehandlung rechtswidrig abgelaufen ist. Dem Wunsch stimmte das OLG zu. Es handele sich hier um einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte. Daher hätte der im Strafverfahren bestellte Pflichtverteidiger der Frau auch am Verfahren zur Zwangsmedikation beteiligt werden müssen. Denn es hätten erhebliche Zweifel bestanden, dass sie sich selbst angemessen vertreten könne. Auch hätte das Landgericht die Frau persönlich anhören und gegebenenfalls einen forensischen Sachverständigen einschalten müssen.
Das OLG verwies auf das hessische Maßregelvollzugsgesetz. Danach sei eine Zwangsbehandlung bereits während der einstweiligen Unterbringung nur zulässig, wenn „durch die Verzögerung der Behandlung der Erfolg eines zu erwartenden nachfolgenden Maßregelvollzugs nachhaltig infrage gestellt wäre“. Das sei hier nicht festgestellt worden. Der pauschale Hinweis auf eine drohende Chronifizierung der psychiatrischen Erkrankung reiche nicht aus.
Nach diesen Maßgaben muss das Landgericht erneut die Beschwerde gegen die Zwangsbehandlung prüfen.
Az.: 3 Ws 488/22