sozial-Politik

Menschenrechte

Deutsches Schulsystem diskriminiert behinderte Kinder



Menschen mit Behinderungen werden laut einem Bericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte noch häufig diskriminiert - in der Schule und im Gesundheitswesen. Auch die staatliche Reaktion auf Klimaproteste sei mitunter unangemessen.

Berlin (epd). Die Rechte von Menschen mit Behinderungen sind in Deutschland nach Erkenntnissen des Deutschen Instituts für Menschenrechte in vielen Bereichen nicht immer gewahrt. Der am 7. Dezember präsentierte aktuelle Bericht des Instituts nimmt vor allem das Schulsystem in den Blick. Es benachteilige behinderte Kinder und Jugendliche, ein diskriminierungsfreier Zugang zu inklusiven Bildungsstätten werde vielen „de facto verwehrt“.

Das Menschenrechts-Institut verlangt, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen an allgemeinbildenden Schulen inklusiv beschult und Förderschulen schrittweise abgebaut werden. Denn Förderschulen würden meist ohne Schulabschluss verlassen. Das sei der „Beginn einer lebenslangen Exklusionskette“ mit wenig Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Probleme, einen inklusiven Schulplatz zu finden

Für Eltern sei es jedoch weiterhin mangels Informationen extrem aufwändig, einen inklusiven Schulplatz zu organisieren. Immer wieder werde ihnen nahegelegt, eine Förderschule zu wählen. Die Förderschulen müssten aber „schrittweise abgebaut werden“, forderte Institutsdirektorin Beate Rudolf, das sei „gut für alle Kinder, mit und ohne Behinderungen“.

In vielen Bundesländern fehle der politische Wille, ein inklusives Schulsystem aufzubauen, sagte Rudolf. Die Kompetenzen des Bundes müssten ausgeweitet werden, andernfalls werde eine inklusive Bildung in ganz Deutschland nicht gelingen.

Auch das Gesundheitswesen steht in der Kritik

Auch für das Gesundheitswesen mahnte Direktorin Rudolf Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen an. Sie kritisierte die kürzlich beschlossene Triage-Regelung. Die Formulierung, dass nur die kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit darüber entscheiden dürfe, wer behandelt werde und wer nicht, sei ein „Einfallstor für unbewusste Diskriminierungen“ durch Gesundheitspersonal.

Auch die Klimaschutz-Maßnahmen in Deutschland nimmt das Institut in seinem Bericht zur Entwicklung der Menschenrechtslage in Deutschland kritisch unter die Lupe. Diese reichten nicht aus, um das 1,5-Grad-Zeil einzuhalten, kritisierte die Institutsdirektorin. Dadurch würden Freiheit und Menschenrechte künftiger Generationen eingeschränkt. Zudem werde zu wenig getan, um den Folgen der Erderwärmung zu begegnen, sagte sie. Der Katastrophenschutz zum Beispiel sei bislang zu wenig auf die Bedarfe von Menschen mit Behinderungen eingestellt.

Kritik an Präventivhaft in Bayern

Rudolfs Stellvertreter Michael Windfuhr sagte, gemäß internationaler Rechtsprechung seien Straßenblockaden als Protestform nicht strafbar. Die strenge Präventivhaftregelung in Bayern, wo bis zu 60 Tage Haft möglich sind, sei daher unangemessen.

An den EU-Außengrenzen werden Rudolfs Worten zufolge Menschenrechte massiv verletzt, etwa an der polnisch-belarussischen Grenze. „Belarus lockt Schutzbedürftige an und schickt sie dann in Richtung EU-Außengrenze“, sagte Rudolf. Es sei dennoch nicht mit den Menschenrechten vereinbar, diese Menschen einfach wieder zurückzuschicken. Sie hätten einen Anspruch auf Prüfung ihres Asylanspruchs, „unabhängig davon, dass ein anderer Staat die Not der Menschen ausnutzt, um die EU unter Druck zu setzen“.

Das Institut ist die auf Empfehlung der Vereinten Nationen eingerichtete nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands. Es ist unter anderem dafür zuständig, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der UN-Kinderrechtskonvention zu überwachen.

Mey Dudin, Nils Sandrisser