sozial-Recht

Bundessozialgericht

Klinikaufenthalt auch mit Unterstützung von Assistenzkräften



Kassel (epd). Schwerstbehinderte Menschen haben bei einem erforderlichen Krankenhausaufenthalt im Ausnahmefall auch Anspruch auf eine häusliche Krankenpflege durch ihre selbst angestellten Pflegekräfte. Dies gilt zumindest dann, wenn bei dem behinderten Menschen ein besonderer Krankenpflegebedarf besteht, der nach Art und Umfang „über die für die stationäre Behandlung einer Krankheit erforderliche Krankenpflege“ hinausgeht, urteilte am 10. November das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Krankenpflege rund um die Uhr

Damit bekam der versicherte, an einer amyotrophen Lateralsklerore (ALS) erkrankte Kläger von den obersten Sozialrichtern recht. Wegen der Nervenerkrankung, die mit fortschreitenden Muskellähmungen einhergeht, kann der Kläger sich nicht bewegen, liegt die ganze Zeit in einem Krankenpflegebett und kann nur mithilfe eines Augencomputers und dem Einsatz einer ABC-Tafel kommunizieren.

Seit November 2012 hat er fünf Assistenzkräfte angestellt, die die häusliche Krankenpflege rund um die Uhr übernehmen. Als der Kläger vom 11. Mai bis 24. Juni 2013 wegen eines Atemnotstands stationär im Krankenhaus behandelt und zeitweise in ein künstliches Koma versetzt wurde, wurde er auch von seinen angestellten Assistenzkräften in der Klinik gepflegt.

Die Krankenkasse wollte die dabei angefallenen Kosten in Höhe von 20.285 Euro nicht zahlen. Während eines Krankenhausaufenthaltes seien die Kosten einer häuslichen Krankenpflege nicht erstattungsfähig. Dies gelte auch dann, wenn die häusliche Krankenpflege von Assistenzkräften im Arbeitgebermodell erbracht werde.

Krankenkasse in der Verantwortung

Doch das BSG urteilte, dass im Ausnahmefall eine Kostenerstattung für die häusliche Krankenpflege durch selbst angestellte Assistenzkräfte während eines stationären Krankenhausaufenthaltes möglich ist. Dies sei dann der Fall, wenn „eine besondere pflegerische und persönliche Betreuung/Hilfe/Assistenz notwendig ist, die über die Krankenpflege bei stationärer Versorgung hinausgeht“, entschied das BSG. Dies treffe hier zu.

Könne die häusliche Krankenpflege nicht anders gewährleistet werden, „hat die Krankenkasse alle nach Lage des Einzelfalls auch während eines Krankenhausaufhenthalts zur Aufrechterhaltung der häuslichen Krankenpflege erforderlichen Kosten in angemessener Höhe zu tragen“. Nur weil der behinderte Kläger die häusliche Krankenpflege im Arbeitgebermodell organisiert und selbst Pflegekräfte angestellt hat, „verliert die Krankenkasse nicht die Verantwortung für deren Erbringung“, urteilte das BSG.

Az.: B 3 KR 15/20 R