Wehrheim im Taunus (epd). Luitgard Obst hat das Reisefieber gepackt. In ein paar Tagen will die 92-Jährige zu ihrer Enkeltochter nach Rom fahren. Auf ihrem Computer ist ein Lernprogramm installiert, mit dem sie fleißig italienische Vokabeln paukt. Seit mehr als 20 Jahren lernt die ehemalige Sekretärin auf ihrem PC nicht nur Sprachen, sondern verwaltet auch Termine und schreibt E-Mails an ihre Töchter und Enkelinnen. Wenn es komplizierter wird, benötigt die alte Dame allerdings Hilfe. Und die bekommt sie von René Hirschfeld.
Der IT-Spezialist aus Wehrheim im Taunus besucht in regelmäßigen Abständen das Seniorenheim, in dem Luitgard Obst lebt, um ihr weitere Tricks und Kniffe beizubringen. So hat er ihr mit Blick auf ihre bevorstehende Italienreise beigebracht, wie man auf Google Earth Rom und den Petersdom schon vorab erkunden kann.
Bei seinen Besuchen im Heim bietet Hirschfeld auch anderen Bewohnerinnen und Bewohnern ehrenamtlich Unterstützung im Umgang mit Computern an. Auch der 101-jährige Gerhard Heymann ist darunter. „Ich habe gelernt, meine Verabredungen über das Internet festzulegen, meine Termine zu verwalten und sogar Waren zu bestellen“, erzählt der frühere Großhandelskaufmann stolz.
Hirschfeld bietet seit acht Jahren Senioren seine digitale Assistenz an. Gerade während der Corona-Pandemie war und ist für die älteren Menschen der virtuelle Austausch über Skype oder Zoom mit ihren Angehörigen wichtig. „Senioren-Feuerwehr“ nennt Hirschfeld seine Dienstleistung.
Für seine ehrenamtliche Beratungsarbeit benötige er sehr viel Geduld und Fingerspitzengefühl, berichtet der IT-Fachmann. Denn gerade ältere Menschen hätten große Angst, im Internet etwas „kaputtzumachen“. Deswegen sei es ihm wichtig zu zeigen, dass man im Netz nichts zerstören könne. „Man kann das Internet nicht löschen“, betont er. „Das Schlimmste ist, dass das Smartphone ins Waschbecken fällt.“
Erfolgsgeschichten wie die von Luitgard Obst und Gerhard Heymann bestätigen Hirschfeld: „Mir macht es am meisten Freude, wenn ich sehe, dass es den Menschen Freude macht. Ich habe schon Situationen erlebt, wo Freudentränen vor dem WhatsApp-Video gekullert sind, weil die Enkeltochter, die in Norwegen wohnt, plötzlich auf dem Smartphone zu sehen war.“