

Berlin (epd). Der am 24. Oktober in Berlin veröffentlichten Erhebung zufolge beobachten gut 60 Prozent der befragten Beratungsstellen, dass Hilfesuchende wegen der schweren Erreichbarkeit ihres Jobcenters Leistungen zu spät oder gar nicht gezahlt bekommen.
Den Betroffenen fehlten Informationen, und es werde ihnen die Einhaltung von Fristen erschwert. Zugesandte oder eingeworfene Unterlagen kämen zu spät oder gar nicht bei den Behörden an, berichten mehr als die Hälfte der Beratungsstellen. Wenn eine schnelle persönliche Klärung nicht möglich sei, verschärften sich die Probleme ihrer Klienten.
Ein Viertel der Jobcenter hätten auch im dritten Pandemiejahr keine regulären Öffnungszeiten. Knapp ein Drittel verfüge nicht über eine frei zugängliche Eingangszone, in der die Menschen ihre Unterlagen abgeben oder Informationen einholen könnten. 36 Prozent der Befragten klagen, das Jobcenter sei nur über eine zentrale Hotline erreichbar - mit langen Wartezeiten, ausbleibenden Rückrufen und unqualifizierten Auskünften.
Für die Beratungsstellen selbst resultiert aus der eingeschränkten Erreichbarkeit von Jobcentern und Arbeitsagenturen ein erhöhter Zeitaufwand für die Kommunikation mit diesen Behörden (80 Prozent), ein erhöhter Zeitaufwand pro Beratung (76 Prozent), eine erhöhte Beratungsfrequenz (55 Prozent), mehr Kriseninterventionen (53 Prozent) und insgesamt mehr Klientinnen und Klienten (52 Prozent).
Als konkrete Vorschläge für vor Ort umsetzbare Maßnahmen, die zu einer guten Erreichbarkeit auch in Pandemiezeiten beitragen können, nannten die sozialen Beratungsstellen etwa die Nennung von Ansprechpersonen mit Telefonnummer und E-Mail-Adresse auf Bescheiden, die Einrichtung eines Notfalltresens, an dem täglich Dokumente gegen Empfangsbestätigung abgegeben werden können, die Einrichtung einer täglichen, persönlichen Notfallsprechzeit sowie einen Scanservice für Unterlagen, die direkt in die Fallakten eingepflegt werden.
BAGFW-Präsident Ulrich Lilie sagte, Hilfesuchende müssten sich darauf verlassen können, dass ihre Ansprechpersonen erreichbar seien. „Wegen der starken Inflation drohen immer mehr Menschen finanziell abzurutschen. Ihnen muss aber besonders schnell geholfen werden“, betonte der Präsident. Digitale Angebote und Telefon-Hotlines seien wichtige Zugänge, die die Erreichbarkeit in digitalen Zeiten verbesserten. Sie könnten das persönliche Gespräch und die Beratung jedoch nicht ersetzen. „Vor allem Menschen, die ihre Anliegen nicht digital oder telefonisch vorbringen können, weil sie nicht gut Deutsch sprechen, mit den digitalen Zugängen nicht zurechtkommen oder nicht richtig lesen und schreiben können, sind auf das persönliche Gespräch vor Ort angewiesen“, so Lilie weiter.
Für die Studie waren im Juni 2022 knapp 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 600 Beratungsstellen der Verbände online befragt worden. Es handelt sich um Sozialberatungsstellen sowie spezielle Anlaufstellen, etwa für geflüchtete oder obdachlose Menschen. Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ. Der überwiegende Teil der Beratungsstellen ist in Nordrhein-Westfalen ansässig, gefolgt von Baden-Württemberg und Bayern.
In der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege arbeiten die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege zusammen. Gemeinsames Ziel von Caritas, Diakonie, Paritätischem, AWO, Deutschem Roten Kreuz und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland ist die Sicherung und Weiterentwicklung der sozialen Arbeit durch gemeinschaftliche Initiativen und sozialpolitische Aktivitäten.