Berlin (epd). Angesichts eines zunehmenden Mangels an Arbeitskräften will die Bundesregierung die gezielte Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt fördern. Das Kabinett beschloss am 12. Oktober in Berlin eine Fachkräftestrategie, wonach unter anderem das Einwanderungsrecht reformiert und die Verfahren beschleunigt werden sollen. Firmen, Länder, Kommunen, Sozialpartner, Bundesagentur für Arbeit, Bildungsträger und die Bundesregierung sollten zudem stärker zusammenarbeiten.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte, dass noch im Herbst Eckpunkte für ein modernes Einwanderungsgesetz vorlegt würden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) plädierte für „mehr Offenheit für ausländische Fachkräfte“.
Bei einem seit 2019 mit 13 Millionen Euro geförderten Pilotprojekt der Europäischen Union und des Entwicklungsministeriums zur Arbeitsmigration und -mobilität zwischen Nordafrika und Europa (THAMM) werden bereits Arbeitsagenturen in Tunesien, Marokko und Ägypten geschult und mit den Arbeitsagenturen in Belgien, Frankreich und Deutschland verbunden. Deutsche Unternehmen können über diesen Weg Stellen besetzen, falls sie dafür in Deutschland niemanden finden.
Laut Entwicklungsministerium wurden bislang 234 Auszubildende und 44 Fachkräfte aus Tunesien, Marokko und Ägypten an Betriebe in Deutschland vermittelt.
Für die Grünen sagte deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch, Deutschland wolle „zu einer Weiterbildungsrepublik“ werden. „Mit der Bildungszeit werden wir Weiterbildung aus dem Beruf heraus unterstützen.“ Zudem werde das künftige Bürgergeld Hartz IV überwinden. Und: „Mit einem zusätzlichen Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro unterstützen wir alle Arbeitslosen, die sich auf den Weg in einen neuen Beruf machen.“ Der Vorrang von Vermittlung in Helferjobs werde abgeschafft. Zu oft habe er in der Vergangenheit Aus- und Weiterbildung verhindert, so Audretsch.
Für die FDP sagte Pascal Kober, die Fachkräftestrategie der Bundesregierung sei eine starke Antwort auf eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. „Wir haben in Deutschland jedoch nicht nur ein Fach- sondern ein generelles Arbeitskräfteproblem.“ Deshalb müsse wir jetzt Tempo bei der Umsetzung gemacht werden.
Kober schlug vor, über die Maßnahmen der Bundesregierung hinaus die Westbalkanregelung nicht nur zu entfristen, sondern auch das Kontingent von 25.000 Visa pro Jahr aufzuheben und die Regelung auf weitere Herkunftsländer auszuweiten, um Arbeitskräfte schnell und einfach nach Deutschland zu holen. „Um Fachkräfte im Ausland zu rekrutieren und zu qualifizieren, brauchen gerade kleinere und mittlere Unternehmen Unterstützung. Hier können Zeitarbeitsunternehmen starke Partner sein. Daher müssen wir auch das Beschäftigungsverbot von Angehörigen aus Drittstaaten in der Zeitarbeit endlich abschaffen“, so der FDP-Politiker.