Berlin (epd). Die seit Oktober 2018 bestehende Clearingstelle für nicht krankenversicherte Menschen der Berliner Stadtmission hat seitdem Tausende Menschen beraten oder Bescheinigungen zur Kostenübernahme medizinischer Behandlungen ausgestellt. Allein zwischen Januar und Juli dieses Jahres hätten mehr als 2.800 Klientinnen und Klienten die Einrichtung aufgesucht, sagte Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am 30. September in Berlin anlässlich des vierjährigen Bestehens der Clearingstelle.
In den ersten zweieinhalb Jahren ihres Bestehens zählte die Stelle bis Juli 2021 knapp 10.000 Kontakte. Im ganzen Jahr 2021 ließen sich 1.069 Menschen aus 125 Ländern beraten, davon waren fast zwei Drittel (62 Prozent) wohnungs- und obdachlos. Insgesamt wurden mehr als 2.000 Kostenübernahmen ausgestellt. Dafür kooperiert die Clearingstelle mit 50 Berliner Hausarztpraxen und sechs Krankenhäusern.
Zu 86 Prozent waren die Klientinnen und Klienten Drittstaatler und EU-Bürger und-Bürgerinnen, der Anteil deutscher Staatsbürger ging deutlich zurück, sagte Clearingstellen-Leiterin Louise Zwirner. Knapp 90 Prozent der Ratsuchenden hätten beim Erstgespräch keine oder unklare Versicherungsverhältnisse gehabt. Insgesamt suchten mehr Männer als Frauen die Stelle auf.
Wegen der großen Nachfrage ist das Team um Zwirner von drei auf heute 18 Mitarbeitende angewachsen. Sie sprechen insgesamt neun Sprachen, darunter Englisch, Italienisch, Russisch, Rumänisch oder Bulgarisch.
Gesundheitssenatorin Gote sprach von einer wichtigen niedrigschwelligen Anlaufstelle für Menschen, die bisher keinen Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung haben. Die Clearingstelle sei nicht nur in „Berlin einmalig“, sondern auch bundesweit modellhaft.
Dabei ist Gote bewusst, dass die Einrichtung deutlich mehr Geld braucht. Die derzeit mit jährlich 2,6 Millionen Euro vom Senat finanzierte Einrichtung musste in diesem Sommer vorübergehend die Kostenübernahme von medizinischen Behandlungen aussetzen, weil das Budget bereits nach einem halben Jahr aufgebraucht war. In der Folge stellte der Senat weitere 670.000 Euro zur Verfügung. „Wir wissen aber nicht, ob das Geld bis zum Jahresende reichen wird“, räumte Gote ein.
Deshalb will sie bei den nächsten Haushaltsberatungen für mehr Mittel für die Clearingstelle werben. „Ich bin überzeugt, dass die Abgeordneten das genauso sehen und im nächsten Haushalt mehr Geld dafür einstellen werden“, sagte sie.
Die Clearingstelle steht allen Bedürftigen ohne geklärten Versicherungsschutz zur Verfügung, auch EU-Ausländern und Migranten aus Drittstaaten. Sie werden von dem 18-köpfigen Team beraten oder bekommen eine Bescheinigung für die Kostenübernahme von medizinischen Behandlungen. Der Umfang der Kostenübernahme liegt nach Angaben von Clearingstellenleiterin Louise Zwirner mittlerweile jährlich bei etwa 1,5 Millionen Euro und damit deutlich über der Hälfte des Budgets.