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Pflege

Gasumlage bleibt zunächst an den Heimen hängen




Mittelbar werden die Preise in den Heimen wegen der Gasumlage weiter steigen.
epd-bild/Heike Lyding
Die ab Oktober fällige Gasumlage ist von allen Endkunden zu bezahlen, auch von den Sozialeinrichtungen wie Pflegeheimen. Die sind alarmiert. Sofort können die Eigenanteile der Heimbewohner nicht erhöht werden.

Frankfurt a.M. (epd). Grundsätzlich gilt: Die Träger von vollstationären Pflegeeinrichtungen als Endkunden von Gasversorgern dürfen die Kosten der künftigen Umlage an die von ihnen versorgten Pflegebedürftigen weitergeben. Das gilt auch für alle anderen Wohn- und Versorgungsformen wie etwa betreute Wohngemeinschaften. Doch wann deren Hotel- und Unterkunftskosten, in die die hohen Gaspreise ebenso wie teurere Lebensmittel einfließen, steigen werden und in welcher Höhe, das können Experten bis dato nicht sagen. Auch, weil die Höhe der Umlage je Kubikmeter verbrauchten Gases erst am 15. August bekanntgegeben werden soll.

Welche Kosten stehen im Raum? Dazu macht Andreas Wedeking, Geschäftsführer des Verbandes katholischer Altenhilfe in Deutschland, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) folgendes Rechenbeispiel für ein Heim mit 90 Plätzen in NRW auf: Es hatte 2021 Kosten für Strom und Heizung von 95.500 Euro zu zahlen. Sollten diese Zahlungen um 100 Prozent steigen, dann müsste die Einrichtung zusätzlich 95.500 Euro zunächst selbst finanzieren - und dann in der nächsten Pflegesatzverhandlung mit den Kostenträgern geltend machen. Die müssten die höheren Kosten für Energie anerkennen, was wiederum zu höheren Pflegesätzen führen würde.

Heime müssen Kosten zunächst selbst stemmen

Denn die Rechtslage sei klar: „Steigende Energiekosten können erst einmal nicht an die Bewohner weitergegeben werden, sondern erst, wenn sie in den Entgeltverhandlungen geltend gemacht werden konnten. Das heißt, es braucht erst eine entsprechende Vergütungsvereinbarung“, so der Geschäftsführer.

„Um welche Beträge die Belastung der Bewohner zusätzlich steigen werden, können wir nicht abschätzen“, heißt es beim BIVA Pflegeschutzbund. Das hänge auch vom Energieverbrauch in der jeweiligen Einrichtung ab. „Man kann aber sicherlich von einer weiteren Steigerung des Eigenanteils zwischen 50 und 150 Euro monatlich ausgehen“, sagte Rechtsreferent Markus Sutorius dem epd.

Pflegesatzvereinbarungen müssen angepasst werden

Für die Heimträger besteht nach seinen Worten das Problem, dass sie die Kosten der Gasumlage nicht unmittelbar weitergeben können. Denn es gelten die bestehenden Pflegesatzvereinbarungen, ganz so, wie viele private Gaskunden laufende Verträge mit (noch) günstigeren Tarifen haben. In den Pflegesatzverhandlungen werden auch die Entgelte für die Hotel- und Unterkunftskosten festgelegt.

„Solche Pflegesatzvereinbarungen haben meist eine Laufzeit von einem Jahr“, so Sutorius. Schwierig werde es, wenn die einmal festgelegten Unterkunftskosten wegen unerwarteter Preissteigerungen - wie der Gasumlage - nicht mehr kostendeckend refinanziert werden können. Doch gebe es die Möglichkeit, dass die Einrichtungsträger die Pflegesatzvereinbarung aufkündigen und in neue Verhandlungen mit den Pflegekassen oder Sozialhilfeträgern treten. „Auf diese Weise können die höheren Energiekosten dann relativ kurzfristig an die Bewohner weitergereicht werden“, betont der Experte.

Er zeigt sich optimistisch, dass ein solches Vorgehen zum Erfolg führt. Viele Einrichtungsträger treten trotz Bestehens einer Pflegesatzverhandlung bereits in neue Verhandlungen, um so die jüngst gestiegenen Personalkosten an die Pflegebedürftigen weiterreichen zu können: „Das dürfte bei einer Erhöhung der Energiekosten auch hier gelingen.“

Unterschiedliche Laufzeiten der Verträge

Dazu Markus Sutorius: „Momentan ist die Situation in den Einrichtungen sehr unterschiedlich, je nachdem, wann das letzte Mal verhandelt wurde oder aber auch welche Laufzeiten die aktuellen Verträge der Energieversorger mit den Einrichtungen haben.“ Vor Ort hänge es also davon ab, wann die nächsten Entgeltverhandlungen anstehen.

Andreas Wedeking verweist auf eine weitere Möglichkeit, die höheren Kosten auf die Heimbewohnerinnen und -bewohner umzulegen. Das Sozialgesetzbuch XI erlaube es, während des laufenden Vergütungszeitraums Anpassungen für bestimmte Kostenpositionen vorzunehmen. Voraussetzung sei jedoch, dass die Kostensteigerungen „wesentlich“ und „unvorhersehbar“ sind beziehungsweise waren. „Das wird in den Regionen unterschiedlich ausgelegt und auch gehandhabt.“ Viel Hoffnung auf Entgegenkommen bei den Kostenträgern hat auch Wedeking nicht: „ Wir konnten erfahren, dass die Kassen zurückhaltend sind.“

Ruf nach staatlichen Hilfen

Für BIVA-Sprecher David Kröll folgt daraus: „Sollte sich der Gesetzgeber nicht zu einem Zuschuss oder einer anderen Entlastung entschließen, werden auch diese Kosten den Bewohnern auferlegt.“

Auch die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände in Thüringen ist alarmiert: „Im Bereich der Pflege werden die Kostensteigerungen unweigerlich zu einer Erhöhung des Selbstkostenbeitrags führen. Die sozialen Einrichtungen brauchen Hilfe, denn sie gehören elementar zur Daseinsvorsorge und es ist staatliche Aufgabe, unmittelbar für Abhilfe zu sorgen.“

Dirk Baas